Melanie Vinci
Foto | persona service
10 Min.

Sabine Walter im Gespräch mit …

Melanie Vinci, Mitglied der Geschäftsleitung des Personaldienstleisters persona service

Frau Vinci, was lieben Sie an Ihrem Beruf?

Von Herzen: Die Menschen. Und vor allem: Die Menschen in Arbeit zu bringen. Diese Mission hat mich vor 20 Jahren begeistert, als ich bei persona service anfing, und sie begeistert mich heute immer noch. Wir als Unternehmen tragen einen großen Teil dazu bei, dass Menschen Arbeit finden – und zwar Menschen mit allen beruflichen Qualifikationen, aus allen sozialen Schichten und aller Nationalitäten, mit allen Erfahrungswerten und nicht immer geraden Lebensläufen. Das treibt mich bis heute an. 

Ich selbst habe nach einer schulischen Ausbildung erste Berufserfahrung als Zeitarbeiterin gesammelt und hatte dadurch sehr früh Berührungspunkte mit dieser Branche. Als dann die Firma, in der ich gearbeitet habe, in Konkurs ging, habe ich mich an persona service gewandt. Und da war gleichzeitig eine Stammstelle im Unternehmen als Personaldisponentin ausgeschrieben und ich wusste: „Das will ich machen.“ Seitdem bin ich dabei.

Was ich vor dieser Stelle nicht gedacht hätte: Dass ich Freude am Vertrieb haben würde. Vertrieb hatte für mich den Stempel: „Ich muss irgendwelche Menschen dazu überreden, irgendetwas zu kaufen, was sie vielleicht gar nicht brauchen.“ Und das konnte ich mir nie vorstellen. Aber was ich in meinen ersten Wochen bei persona service verstanden habe, war Folgendes: Ich werde keine Menschen in Arbeit bringen, wenn ich nicht bereit bin, ganz oft den Hörer in die Hand zu nehmen und mit Kunden zu sprechen und sie von uns und unserer Leistung zu überzeugen. Und ich konnte und kann Kunden überzeugen, weil ich voll hinter unserer Dienstleistung stehe, hinter unseren Werten und auch hinter den Menschen, die wir vermitteln. Wir machen gute Arbeit und helfen unseren Kunden dabei, Probleme zu lösen.  Damit das gelingt und wir es immer wieder schaffen, passgenau zu besetzen, muss ich zuhören, Fragen stellen, Gedanken verknüpfen, Ideen entwickeln … Und das ist eine Aufgabe, die nichts mehr mit meinem ursprünglichen Bild von Vertrieb zu tun hat. 

Wenn neue Mitarbeiter bei uns in Lüdenscheid anfangen, gebe ich im Rahmen des Onboardings immer ein Versprechen: „Als Personaldienstleister haben wir einen der wenigen Jobs, die die Kraft haben, im Laufe der Jahre nicht langweiliger, sondern spannender zu werden.“ Und das hat natürlich auch damit zu tun, dass sich eine positive Routine einstellt. Der Beruf des Personaldisponenten ist – gerade in den ersten ein bis zwei Jahren – auch emotional anstrengend. Man muss Personalentscheidungen treffen und ist immer in Abhängigkeit. In Abhängigkeit vom Kunden und von den Mitarbeitern. Denn wir können unsere Dienstleistung nur erbringen, wenn zwei andere auch damit einverstanden sind: Kunde und Mitarbeiter. Das verursacht Druck. Aber: Wenn man gelernt hat, mit dem Spannungsfeld umzugehen, dann kann man sich noch mehr auf den eigentlichen Kern unserer Arbeit konzentrieren: Kundengespräche führen, aus einer Zusammenarbeit eine strategische Partnerschaft entwickeln und durch die immer größer werdenden Marktkenntnisse immer mehr Menschen in Arbeit bringen.

Ich bin mir sicher, dass Zeitarbeit zur modernsten Beschäftigungsform wird, die wir in unserer Gesellschaft anzubieten haben. Die Haltung von Menschen zur Arbeit hat sich stark verändert und wird sich noch weiter verändern. Die nächsten Generationen streben nicht mehr das klassische „30 Jahre – goldene Uhr“-Jubiläum an. Gerade die gut Ausgebildeten wissen, dass sie einen Job finden. Und diese wollen sinnstiftend unterwegs sein und lebensphasenorientiert arbeiten: „Wann brauche ich Geld? Wann hätte ich gern mehr Zeit? Wann steige ich nochmal ein Jahr aus und schaue mich in der Welt um?“ Und da bieten wir mit der Beschäftigungsform Zeitarbeit Möglichkeiten, die viele Unternehmen aufgrund ihrer Struktur, ihrer Produkte und Dienstleistungen gar nicht bieten können.

 S.W.: Was macht für Sie einen guten Personaldienstleister aus, und was braucht dieser, um mit dem Spannungsfeld Kunde – Mitarbeiter umgehen zu können?

Was ganz wichtig ist, ist eine Grundredlichkeit. Wenn ein Kunde einen Bedarf hat und uns beschreibt, was an diesem Arbeitsplatz gemacht werden muss, habe ich eine Idee dazu oder ich habe keine. Wenn ich keine Idee habe, sollte ich das auch sagen. Außerdem braucht es Selbstbewusstsein und Mut, dem Kunden aufzuzeigen, was nicht geht und was die Lösung dafür ist. Ich habe folgendes Bild vor Augen: Es werden immer wieder Mitarbeiter vom Kunden übernommen. Und dann fordert dieser eine Bewerbungsmappe für die Personalakte an. Und nicht selten wird in diesem Moment gesagt: „Ich hätte diesen Mitarbeiter oder diese Mitarbeiterin niemals anhand der Unterlagen zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Ich hätte nicht geglaubt, dass diese Person mit dieser Qualifikation oder aufgrund ihres bisherigen Lebenslaufs auf die Stelle und zu uns passt.“ 

Und das ist genau unser Job: Menschen nicht nur aufgrund ihrer Qualifikation zu vermitteln, sondern aufgrund dessen, was sie ausmacht und was sie können. Das in Einklang zu bringen mit dem, was beim Kunden an Aufgaben zu tun ist, und dabei noch zu berücksichtigen, dass sie auch gut in das Unternehmen passen – wenn uns das gelingt, sind alle zufrieden und unsere Dienstleistung lohnt sich.

Welche Parallelen gibt es zu dem, was wir tun, der Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung?

Das ist eine gute Frage. Eine offensichtliche Parallele ist, dass wir uns beide sehr damit auseinandersetzen, was den Menschen vor uns wirklich bewegt. Wir hören zu. Wir reagieren nicht auf das erste Schlagwort, sondern wollen verstehen, was gemeint ist. Und dafür stellen wir gern die „zweite“ Frage.

Was uns noch eint, ist, dass wir beide Probleme lösen. Die von Menschen und die von Organisationen.

Weiterbildung ist auch eine Parallele, auch wenn wir als persona service nicht immer alles selbst abdecken, sondern auch mit dem Kunden oder externen Weiterbildungsträgern zusammenarbeiten. 

Und die vierte Parallele ist natürlich meine eigene Weiterentwicklung. Als junge Niederlassungsleiterin war ich emotional sehr getroffen, als das erste Mal eine Stammmitarbeiterin kündigte, habe ich das damals unglaublich persönlich genommen. Danach habe ich gedacht: Das geht so nicht. Wenn du weiterhin als Führungskraft arbeiten willst, brauchst du einen klaren und nicht so emotionalen Blick auf Sachthemen. Und daran habe ich gearbeitet – allein und mit Mentoren. Heute gelingt mir das gut. Das heißt nicht, dass ich nicht mehr empathisch bin. Aber ich kann Sache und Emotion sehr gut trennen, kann einen Schritt zurücktreten und mir die Lage oder das Problem in Ruhe anschauen und Handlungsoptionen entwickeln.

Außerdem habe ich durch Beobachten feststellen können, dass fehlende Konfliktfähigkeit aus meiner Sicht der Hauptstolperstein vor allem vieler junger Führungskräfte ist. Dabei geht es nicht um die Gesprächsführung. Das kann man lernen. Es geht um die Bereitschaft, Konflikte anzusprechen und auszutragen. Die Bereitschaft, auch mal für die Sache zu streiten. Auch ich musste diese gesunde Einstellung zum Streit und eine konstruktive Streitkultur entwickeln. Aber diese Anstrengung war es wert, weil konstruktives Streiten Ergebnisse verbessert, einen selbst entwickelt und aus der Falle oder dem Irrglauben führt, dass ich nur eine gute Führungskraft bin, wenn ich von allen geliebt werde. Nein. Ich bin eine gute Führungskraft, wenn ich Menschen zu Ergebnissen führe und ihnen dabei helfe, sich zu entwickeln.

Und dafür muss ich auch mal „Nein“ sagen, streiten und Konflikte aushalten. Das musste ich lernen, und das versuche ich natürlich auch meinen Mitarbeitern zu vermitteln.

Wann kommen Ihnen die besten Ideen?

Sehr unterschiedlich. Oft beim Autofahren. Beim Laufen und ganz häufig im Gespräch mit meinem Partner. Er ist mir der wertvollste Sparringspartner.

Wie wird Ihr Beruf im Jahr 2050 aussehen?

Ich glaube, dass sehr viele Dinge automatisch ablaufen werden. Sowohl bei uns intern als auch im Zusammenspiel mit dem Kunden. Dadurch werden sich in der alltäglichen Arbeit die persönlichen Kontaktpunkte zum Kunden und Mitarbeiter reduzieren. Das heißt, dass wir es in den Momenten, in denen echtes Kümmern notwendig ist, viel besser machen müssen als alle anderen. 

Ferner denke ich, dass der Austausch intern und das Netzwerken extern mit dem Ziel, Ideen zu teilen, voneinander zu lernen und miteinander zu experimentieren, weiterhin wachsen wird. 

S.W.: Wie wird sich aus Ihrer Sicht in Zukunft der Stellenwert von Arbeit in der Gesellschaft entwickeln?

Arbeit wird weniger statusorientiert sein. Die klassische Small Talk-Frage auf Partys lautet: „Was machst du?“ Das wird zukünftig nicht mehr meinen: „Was hast du für einen Job?“, sondern: „Was machst du gerade in deiner Lebensphase?“ Menschen werden also ihren Alltag beschreiben und in diesem kommt auch die Arbeit vor – und zwar die Tätigkeit und nicht nur der Firmenname.

Es wird der Anspruch steigen, einen echten Wertbeitrag mit der eigenen Arbeit zu leisten. Aber Arbeit wird weiterhin für viele Menschen zunächst bedeuten, dass sie benötigt wird um die eigene Familie zu ernähren.

Wenn ich auf meine nächsten zwanzig Jahre schaue, kann ich sagen, dass ich für mich kein Enddatum im Kopf habe. Ich liebe, was ich tue, und teile mein Leben nicht in Arbeit und Freizeit auf, sondern sehe alles als mein Leben. Ich weiß aber, dass ich mit der Zeit die Anteile etwas verschieben möchte. 

Für die kürzere Zukunft, etwa die nächsten fünf Jahre, steht im Vordergrund, den Verbund, dem persona service mit der GVO und dem Immobilien Service Deutschland angehört, weiterführend zu gestalten und erfolgreich am Markt zu positionieren. Wir sind in diesem Verbund in der Lage, Mitarbeitern lebenslange berufliche Perspektiven zu bieten: von der studentischen Aushilfe bis zum Renteneintritt.

Außerdem können wir unseren mittelständischen Kunden einen sehr guten Zugang zum Akademikermarkt erschließen. Durch die GVO mit ihrer Marke Studyheads und unserem Akademikernetzwerk Thesius haben wir bereits während des Studiums Kontakt zu angehenden Akademikern und können sie sehr früh für uns und damit für unsere Kunden gewinnen.

Das unterstreicht, was ich eingangs sagte: „Als Personaldienstleister haben wir einen der wenigen Jobs, die die Kraft haben, im Laufe der Jahre nicht langweiliger, sondern spannender zu werden.“ Ich bin davon überzeugt, dass ich auch die nächsten 20 Jahre noch hinter dieser Aussage stehen kann.

Melanie Vinci ist ausgebildete Personalfachkauffrau und hat ihre Laufbahn bei persona service mit 27 Jahren als Personaldisponentin in ihrer Heimatstadt Kassel begonnen. Ende 2003 wechselte sie in ihre erste Führungsposition nach Frankfurt. Als Niederlassungs- und später als Gebiets- und Regionalleiterin blieb sie dem Rhein-Main-Gebiet treu, bis sie 2013 Mitglied der Geschäftsleitung der Personaldienstleisters persona service wurde. In ihrer Position verantwortet sie gemeinsam mit ihren beiden Kollegen das operative Geschäft der 217 persona service-Niederlassungen in Deutschland und ist im weiteren Schwerpunkt für die Entwicklung der Recruitment Services, insbesondere im kaufmännischen Fach- und Führungskräftebereich, verantwortlich.

Seit dem 01.08.2020 ist sie außerdem Geschäftsführerin der GVO Young Professionals GmbH. Im Team der Geschäftsführung verantwortet sie die Marke Studyheads, die mit ihrer Dienstleistung die studentischen Aushilfsbedarfe von Unternehmen ebenso deckt wie deren offene Werkstudentenstellen. 

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