Selbstorganisierte Teams fuehren - Leuchtturm in stürmischer See - managementberatung | coaching
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Führung | Führung in agilen Unternehmen

Selbstorganisierte Teams führen

Von Sabine Walter, Head of netzwerk managementberatung | coaching

Es mag paradox klingen, aber selbstorganisierte Teams brauchen Führung. Worauf es bei dieser Führung ankommt, erläutern wir in diesem Artikel.

Es gibt unterschiedliche Führungsverständnisse. Beim Führen selbstorganisierter Teams geht es schwerpunktmäßig um vier zentrale Punkte: das „Was“, das „Warum“, das Vertrauen und die Fähigkeit, wirkliche Teams zu formen. Die Beantwortung des „Wie“, also das Entwickeln und Beschreiten des Lösungs- und Umsetzungswegs, obliegt den Teams. Schauen wir uns die vier Elemente im Detail an:

Elemente der Führung selbstorganisierter Teams

Das „Was“ – oder die Frage nach dem Fokus

Das „Was“ beantwortet die Frage nach dem Fokus. Mit anderen Worten, es stellt Klarheit her, was Ziel bzw. Ergebnis der Arbeit sein soll. Welches Produkt oder welche Dienstleistung wollen wir erfolgreich verkaufen? Welche(s) nicht? Das „Was“ gibt Zielklarheit und ist entscheidend dafür, Ressourcen zielgerichtet einzusetzen, entsprechend zu priorisieren und Entscheidungen im Sinne der Zielerreichung zu treffen. Je klarer das „Was“, desto größer die Chance, dass selbstorganisiertes Arbeiten auch zu den gewünschten Ergebnissen führt.

Ich erlebe in meinem Beratungsalltag immer wieder, dass Führungskräfte unsicher sind, was genau mit dieser Anforderung an sie verbunden ist: Sollen Sie das „Was“ sich alleine ausdenken und vorgeben? Oder dürfen die selbstorganisierten Teams daran mitarbeiten? Sind sie keine guten Führungskräfte, wenn sie das „Was“ nicht allein erarbeitet haben?

Deshalb möchte ich an dieser Stelle unterstreichen: Aufgabe der Führungskräfte ist es, dafür zu sorgen, dass Zielklarheit besteht und jeder im Unternehmen die gleiche Vorstellung vom „was“ hat. Selbstverständlich darf und sollte der Weg zu dieser Zielklarheit ein gemeinsamer sein. Denn, wenn die Zielsetzung gemeinsam erarbeitet wird, besteht die Chance, dass diese Ziele eine breitere Akzeptanz in der Organisation finden, als wenn die Ziele von den Führungskräften vorgegeben werden.

Betrachten wir nun das „Warum“.

Elemente der Führung selbstorganisierter Teams

Das „Warum“ – oder die Antwort nach dem Purpose

Das Thema „Purpose“ habe ich bereits in einigen meiner Blogartikel betrachtet. Beim „Warum“, also beim Purpose“ geht es um die Frage nach dem höheren Zweck. „Was wollen wir dieser Gesellschaft hinterlassen?“ „Was wollen wir in dieser Gesellschaft als Unternehmen bewegen?“ „Warum wollen wir gerade diese Produkte und Dienstleistungen verkaufen?“

Die Antwort „um Geld zu verdienen“ reicht in der Regel dafür nicht aus, es sei denn, die Mitarbeiter partizipieren in signifikanten Umfang von dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und können dann mit diesem Geld ggf. Dinge bewegen, Ideen anstoßen und umsetzen, die ihnen am Herzen liegen.

Genauso wie das „Was“ kann das „Warum“ sich im Laufe der Jahre verändern und damit der gesellschaftlichen Entwicklung sowie der Entwicklung der Märkte und Technologien Rechnung tragen. Ziel des „Warum“ sollte es sein, Menschen für das „Was“ zu begeistern und die Weiterentwicklung des „Was“ zu ermöglichen. Das „Warum “ ist der Treiber. Es sichert Motivation und Engagement. Das „Warum“ zieht eine gemeinsame Werteschnittmenge nach sich und sorgt dafür, dass Gleichgesinnte miteinander arbeiten.

Elemente der Führung selbstorganisierter Teams

Vertrauen als wesentliches Führungselement

Vertrauensvoll führen ist der Schlüssel beim Arbeiten mit selbstorganisierten Teams. Was bedeutet das konkret?

Vertrauen in das „Was“

Damit selbstorganisiertes Arbeiten Gestalt annimmt, ist es wichtig, dass alle, die an der Entwicklung der Produkte und Dienstleistungen beteiligt sind, an diese glauben. Denn nur dann werden sie auch in der Lage sein, Schwierigkeiten oder Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Nur, wenn Vertrauen in das „Was“ gegeben ist, wird Bereitschaft da sein, Problemen auf den Grund zu gehen, Konflikte auszuhalten und kontroverse Diskussionen zu führen, um Lösungen für aufgetretene Probleme zu entwickeln.

Dieses Vertrauen muss von den Führungskräften vorgelebt werden. Im Umkehrschluss heißt das: Wenn Führungskräfte Zweifel an den zu entwickelnden Produkten oder Dienstleistungen haben oder nicht voll und ganz hinter dem Geschäftsmodell des Unternehmens stehen, wird es ungleich schwerer selbstorganisierte Teams zu führen.

Vertrauen in die Teams

Die nächste Vertrauensebene von Führungskräften ist das Vertrauen in die Teams und ihre Fähigkeiten. Nur mit diesem Vertrauen werden Führungskräfte loslassen können und dem selbstorganisierten Arbeiten dauerhaft Raum geben. Deshalb ist es zentral, genau zu schauen, wer zueinander passt und in der Zusammenarbeit harmoniert. Die Akteuere des Spiels gewinnen einmal mehr an Bedeutung.

Ich erlebe in meiner Arbeit, dass das Loslassen eine der größten Hürden für Führungskräfte darstellt. Das liegt zum einen daran, dass ihr Rollenwechsel bei der Einführung des Agilen Arbeitens oft unzureichend betrachtet wird, sie sind oft nicht Teil des Transformationsprozesses, da sie oft Initiator oder Sponsor der Transformation sind. Das ist ein Fehler. Nur wer loslässt, gibt anderen Raum. Selbstverständlich passiert auch das Loslassen nicht über Nacht; können doch die wenigsten Mitarbeiter mit der gewonnen Freiheit über Nacht umgehen und die damit einhergehenden Verantwortung bewusst ausfüllen.

Dieser Prozess des Rollen- und Verantwortungswechsels sollte durch einen erfahrenen Organisationsentwickler begleitet werden, damit aufkommende Konflikte wahrgenommen, verbalisiert und direkt gelöst werden. Konflikte werden in diesem Fall zu Geschenk, da sie zur Stärkung der Vertrauensbasis beitragen.

Vertrauen in das „Wie“ der Teams

Mit dem Loslassen der Führungskräfte geht einher, dass sie nicht nur Vertrauen in die Teams haben, sondern auch Vertrauen, in den Weg und das Vorgehen, das die Teams beschreiten. Das heißt nicht, dass sie immer mit diesem Weg einverstanden sein müssen.

Aufgabe hingegen ist es, Vorgehen zu hinterfragen, Denkprozesse, die hinter definiertem oder geplanten Vorgehen liegen zu verstehen, Vor- und Nachteile fragend transparent zu machen und im Zweifel Raum zum Experimentieren und Ausprobieren zu geben. Der Feind des selbstorganisierten Arbeitens ist der Wunsch nach Perfektion ab Sekunde 1. Verabschieden Sie sich von der Perfektion!

Darüber hinaus sollten Führungskräfte regelmäßig Feedback geben und den Austausch zu den „Lessons learned“ einfordern, um den Teams bei ihrer Entwicklung zu helfen. Nachstehend einige Beispielfragen, die dabei helfen, die „Lessons learned“ zu verbalisieren:

Positives sammeln:

  • Was haben wir dieses Mal anders gemacht?
  • Mit welchem Effekt?
  • Was lief gut?
  • Worauf können wir stolz sein?
  • Was ist uns gut gelungen?
  • Wodurch waren wir dieses Mal produktiver?

Verbesserungspotenziale identifizieren:

  • Was hätte besser laufen können?
  • Was hat manchmal zu Frust geführt?
  • Was hat unsere Produktivität behindert?
  • Welche Probleme sind aufgetreten?
  • Welche Fehler haben wir gemacht?

Handlungsweisen verändern:

  • Was verändern wir ganz konkret, um diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen?
  • Was machen wir anders, damit der Frust nicht mehr auftritt?
  • Was können wir verändern, damit wir eher merken, dass wir auf dem Holzweg sind?

Elemente der Führung selbstorganisierter Teams

Die Fähigkeit, wirkliche Teams zu formen

Wie bereits im Abschnitt „Vertrauen in die Teams“ skizziert, gewinnen die handelnden Akteure in selbstorganisierten Teams noch stärker an Bedeutung. Deshalb ist es wichtig, dass die Personen, die miteinander arbeiten, auch miteinander „können“. Die Chemie muss stimmen, einen Vertrauensbasis vorhanden sein. Aufgabe der Führungskräfte ist es, diese Teams zu formen und einer Teamentwicklung auch Abseits vom Tagesgeschäft Raum zu geben.

Doch wer passt zu wem? Oft sind es nicht die fachlichen Kompetenzen, die miteinander harmonieren, sondern es sind die Persönlichkeiten, die zueinander passen oder die gar nicht miteinander arbeiten können. Deshalb sollte der Fokus der Teamzusammensetzung primär immer auf den Persönlichkeiten aufbauen und nicht auf den fachlichen Qualifikationen. Diese sind meistens erlernbar.

Ziel des Miteinanders ist es ja auch, dass das Ganze mehr wird, als die Summe der einzelnen Teile. Das heißt, dass durch diverse Erfahrungen, Sichtweisen, Kompetenzen am Ende eine bessere Lösung steht als wenn jeder für sich etwas entwickelt oder erschaffen hätte.

Um Teams gezielt zu formen, Teamdynamiken zu erkennen und so zu lenken, dass Produktivität daraus entsteht, ist viel Erfahrung und eine ausgeprägte Wahrnehmung erforderlich. Es empfiehlt sich also auch an dieser Stelle, die eigene Meinung durch die Sicht und Meinung erfahrener Teamentwickler zu ergänzen.

Fazit

Vier Elemente definieren die Führung selbstorganisierter Teams

Selbstorganisierte Teams brauchen Führung. Damit diese gelingt, konzentrieren sich die Führungskräfte auf vier Elemente: das „Was“ – also die Zielklarheit, das „Warum“ – den Purpose, eine Vertrauens- und echte Teamkultur. Wesentlicher Unterschied zur „klassischen“ Führung ist, dass das „Warum“ also der Weg zum Ziel, den Teams obliegt.

Führungskräften, denen es gelingt, selbstorganisierte Teams zu entwickeln, erschaffen für sich, die Teams, jedes Teammitglied und das Unternehmen mehrere Chancen. Das sind vor allem:

  • Das Selbst- und Teamvertrauen wächst signifikant.
  • Das unternehmerische Denken und Handeln eines jeden Mitarbeitenden nimmt zu.
  • Entscheidungen werden schneller dort getroffen, wo sie benötigt werden.
  • Die Kooperationsbereitschaft nimmt zu.
  • Jede/r Einzelne entwickelt sich kontinuierlich weiter.
  • Die Konfliktfähigkeit der Einzelnen verbessert sich.
  • Es werden bessere Lösungen entwickelt, da Probleme und Fragestellungen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden.

Selbstorganisation von Teams wird auch vor dem Hintergrund des fortschreitenden mobilen Arbeitens immer wichtiger. Daher gehört es mittlerweile zur Pflicht von Führungskräften, sich mit dieser Führungsphilosophie aktiv auseinanderzusetzen und den Weg zu mehr Selbstorganisation in den Unternehmen zu ebnen.

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