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Unternehmergespräche

Unternehmergespräch mit Johann Schmoll

Johann Schmoll ist Diplomingenieur Bauwesen und Geschäftsführer der Prof. Burkhardt Ingenieure (PBI) GmbH & Co. KG in München. Er kommt aus der Projektsteuerung und war in den Jahren 2008 bis 2014 als Leiter des Projektmanagements bei der HOCHTIEF Projektentwicklung in München tätig. Seit dieser Zeit beschäftigte er sich mit digitalen Arbeitsweisen im Projektmanagement und Building Information Modeling. Im Oktober 2014 hat Herr Johann Schmoll die Geschäftsführung beim PBI in München übernommen. Eine wesentliche Zielsetzung für ihn ist es, durch die Nutzung digitaler Arbeitsweisen Ressourcen für die wesentlichen Themen in der Projektarbeit freizustellen: Wo wollen wir hin? Wo stehen wir? Wo geht´s lang? Im Unternehmergespräch mit mir spricht er darüber, was er an seinem Job liebt und wie sich dieser aus seiner Sicht entwickeln wird.

Johann Schmoll, Geschäftsführer Mittelstand
Foto | Nadine Stenzel

Herr Schmoll, was lieben Sie an Ihrem Beruf?

Die Unabhängigkeit. Als Berater im Projektmanagement und besonders natürlich in der Rolle als Geschäftsführer bin ich in der Lage, unser Unternehmen und unsere Projekte nach vorne zu bringen. Wenn man so eine Aufgabe ambitioniert angeht und die Verantwortung sucht, dann erlangt man maximale Freiheit in der Wahl der Mittel. Das ist für mich ein echter Wert. Dabei ist die Baubranche mein berufliches Zuhause. Hier bin ich Generalist und kann maximale Wirkung entfalten. In dieser Branche wollte ich immer arbeiten, das habe ich für mich nie in Frage gestellt. Allerdings hinterfrage ich die Arbeits- und Organisationsformen, die wir in unserer Branche kennen, beinahe jeden Tag. Da gibt’s Luft nach oben, und die müssen wir nutzen.

Bei der Steuerung großer Bauprojekte geht es um die zentrale Frage: Wie wirken die am Projekt Beteiligten zusammen, so dass mit möglichst wenig Reibungsverlusten ein großes Ganzes entsteht und das im Zeitplan und im geplanten Budget? Das ist spannend. Und das gelingt dann, wenn ein Projekt wirklich geführt wird – wir von den Prof. Burkhardt Ingenieuren sozusagen den Leitwolf im Projektteam stellen.

S.W.: Was heißt das, Leitwolf in Bauprojekten zu sein?

Leitwolf zu sein, heißt, ein klares Bild über die zu erreichenden Ziele und den Weg dorthin zu haben. Um diesen Weg erfolgreich zu gehen, muss man die anderen überzeugen und Konflikte, die sich daraus ergeben, auch austragen. Viele beschränken sich da auf die Moderation oder auf Verwaltungstechniken – Management im Wortsinn halt. Das geht erfahrungsgemäß zu Lasten der Projektziele.  Erfolgreiche Projekte brauchen Mut zur Führung – keine braven Moderatoren!

Mein Anspruch ist es, mutig zu sein. Das bedeutet für mich, Konflikte auszuhalten, sie anzusprechen und vor allem zu lösen. Und dazu braucht es Unabhängigkeit. Mein persönlicher Treiber stellt so einen wesentlichen Wert unseres Unternehmens dar. Unabhängigkeit ist Teil des Produktes, das wir verkaufen. Ohne Unabhängigkeit würden wir zwischen den verschiedenen Interessen zerrieben werden. Wir müssen frei sein im Geist, unsere eigenen Entscheidungen treffen und zu diesen auch stehen.

Ich bin davon überzeugt, dass die Unabhängigkeit im Denken einen maßgeblichen Anteil an der Qualität unserer Beratungsleistung hat, sogar ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Unsere Kunden schätzen das. Auch wenn es für unsere Kunden bedeutet, dass wir nicht immer alles 1:1 umsetzen, was sie sich zunächst vorstellen, weil wir diese Vorstellungen so lange kritisch hinterfragen bis wir eine Lösung gefunden haben, hinter der sowohl unsere Kunden als auch wir zu 100% stehen.

Welche Parallelen gibt es zu dem, was wir tun, in der Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung?

Sehr viel. Nur ist unser Ausgangspunkt ein anderer. Wir kommen nicht über den Bedarf an Persönlichkeits- oder Organisationsentwicklung per se. Wir kommen über Projekte. Wie gesagt, braucht aus meiner Sicht jedes Projekt einen Leitwolf. Und mein Anspruch ist, dass wir diese Leitwölfe sind. Aber als Leitwolf im konstruktiven Sinne wird niemand geboren. Es wird auch niemand dazu, indem man ihr/ihm ein Schild umhängt, auf dem „Leitwolf“ steht. Leitwölfe wollen entwickelt werden. Und da sind wir mitten in der Persönlichkeitsentwicklung.

S.W.: Wie machen Sie das?

Meine Mitarbeiter kennen den Begriff „Leitwolf“ aus vielen Gesprächen. Denn ich erkläre ihnen mit diesem Bild meine Erwartungshaltung an die Rolle eines Projektleiters. Wir definieren dann die Rolle gemeinsam. Am Anfang des Entwicklungsprozesses steht so ein klares Zielbild der Rolle. Dann geht es um Austausch, um das Auseinandersetzen mit den Stärken und Entwicklungsfeldern eines Jeden. Es geht um selbstständiges Arbeiten. Es geht darum, sich Zeit zu nehmen und Fragen zu beantworten. Es geht darum, den Blick auf Lösungen zu lenken, weg von den Problemen. Es geht um Vertrauensvorschuss, Toleranz und Offenheit für andere Wege und natürlich um die Akzeptanz von Fehlern. Wenn du Unabhängigkeit und Kreativität einforderst, dann musst du dich auch auf die Lösungen einlassen, die sich entwickeln. Da kann auch mal was schief gehen. Das muss man dann halt wieder gerade ziehen.

Kommen wir zur Organisationsentwicklung. Versteht man die Organisationsentwicklung als Unternehmensentwicklung, dann steht diese Parallele für unsere Projektarbeit nicht ganz so im Vordergrund. Wir leisten Organisationsberatung – der Begriff trifft´s für mich besser – auf der Projektebene. Da geht es um Fragen der Aufbauorganisation und der Prozesse. Welche Ziele setze ich? Welche Ziele hinterfrage ich, weil ich sie nicht für realistisch halte? Wie muss ich ein Projekt aufstellen, um diese Ziele zu erreichen?

Und natürlich nehmen wir sehr sorgfältig auf, wie die Organisationen unserer Kunden oberhalb der Projektebene ticken, welche Kommunikationskultur und Entscheidungskulturen und -strukturen wir vorfinden. Wir sind mit unseren Projekten ja darin eingebunden. Wir kümmern uns um eine – im Regelfall temporäre – Projektorganisation, die in die Unternehmensorganisation eingebunden ist.  

Um mit einem Bild zu sprechen. Wir spielen auf dem Klavier, das wir vorfinden. Aber wir wollen aus dem Klavier keine Orgel machen.

Wann kommen Ihnen die besten Ideen?

Morgens unter der Dusche. 

Wie wird Ihr Beruf im Jahr 2050 aussehen?

Im Mainstream würde man jetzt vielleicht sagen, komplett digital. Aber das wird nicht so sein. Die zwischenmenschlichen Beziehungen werden auch in Zukunft in Projekten eine Schlüsselrolle spielen. Aber wir werden viel weniger reisen. Wir werden Besprechungen zu 80% oder gar zu 90% online abhalten. Wir werden dabei nicht mehr so viel Angst haben, die Videokamera anzuschalten. Und wir werden eine digitale Infrastruktur haben, die es auch allen erlaubt, per Video präsent zu sein, ohne dass die Server zusammenbrechen.

Wir werden gelernt haben, digital miteinander umzugehen, also auch zu arbeiten. Wir werden nicht mehr telefonieren, sondern uns über Videocalls austauschen. Wir werden keine E-Mails mehr verschicken, sondern in vernetzten Räumen arbeiten. Wenn dann noch einer eine 24 MB E-Mail von A nach B schickt, wird er sofort ins Jahr 2020 zurückgeschickt und muss da sein Dasein fristen. (lacht) Zeitreisen sind bis dahin ja möglich.    

Virtual-Reality-Brillen sind heute – auch wegen der noch recht mageren verfügbaren modellbasierten Planungen – oft mehr eine Spielerei, als dass sie wirklich zur Lösungsfindung beitragen. Im Jahr 2050 werden wir uns daran gewöhnt haben, unsere Planungsbesprechungen in E-Räumen durchzuführen und VR-Brillen zu tragen. Ob das wirklich immer einen Mehrwert bringt, werden wir sehen. Das hängt sehr stark von der Qualität der verfügbaren Planungsmodelle und der Verfügbarkeit schneller Datennetze ab. Da haben wir Aufholbedarf – sowohl bei unseren Planungsmethoden als auch bei der dafür erforderlichen Infrastruktur.

Trotz alledem bin ich davon überzeugt, dass der persönliche Kontakt, das Zwischenmenschliche in Projekten, auch in dreißig Jahren immer noch ein Schlüsselelement sein wird. Wir sind Menschen und auf Grund der höheren Technisierung wird Achtsamkeit immer wichtiger werden. „Homos zoon politikon“, wie schon die alten Griechen sagten. Diese Erkenntnis ist über 2000 Jahre alt und wird auch noch in 30 Jahren Bestand haben. Wenn wir versuchen würden, komplett digital zu leben, würden wir uns als Mensch in diesen digitalen Welten verlieren. Aber ich denke eher, dass wir 2050 im Umgang mit Social Media und digitalen Medien reifer sind, das heißt, auch behutsamer und zweckgebundener mit diesen Medien umgehen.

S.W.: Wo möchten Sie in 30 Jahren sein?

Ich? Da bin ich Mitte 80. Ich möchte noch am Leben sein und es gemeinsam mit meiner Frau genießen. Und ich möchte in Ruhe in meinem Wintergarten sitzen, eine Zigarre rauchen und den Herrgott einen guten Mann sein lassen.

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