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Unternehmergespräche

Unternehmergespräch mit Martin Becker

Martin Becker ist Partner bei Drees & Sommer und setzt sich als Geschäftsführer der RBSGROUP – Part of Drees & Sommer für die Gestaltung zukunftsfähiger Arbeitswelten ein. Bereits seit 30 Jahren begleitet Martin Becker Unternehmen beim Innovations- und Change-Management. Dabei sorgt er dafür, dass zeitgemäße Workplace-Konzepte entstehen und erfolgreich umgesetzt werden.

Martin Becker
Foto | Christian Back

Herr Becker, was lieben Sie an Ihrem Beruf?

Interessanterweise ist das immer noch das Gleiche, was mich vor 30 Jahren dazu bewogen hat, mich der Beratung und Planung von Arbeitswelten zu verschreiben. Es ist die Vielfältigkeit. Ich lerne die unterschiedlichsten Unternehmen kennen: Vom Startup bis zum international tätigen Großkonzern. Und wenn ich sage, ich lerne die Unternehmen kennen, dann meine ich das auch so. Wir haben über alle Hierarchiestufen hinweg zu tun. Wir wissen, wie das Unternehmen tickt. Wir kennen die Kultur, wir erleben, wie Entscheidungen getroffen werden, wir erleben die Kommunikation und das Miteinander. 

Diese Unterschiede im Rahmen unserer Arbeit zu spüren, aber gleichzeitig die Gemeinsamkeiten all dieser verschiedenen Unternehmen zu sehen, ist für mich nach wie vor das Spannende und Inspirierende an meinem Job. 

Selbst nach so langer Zeit erlebe ich immer wieder im Projektalltag , welche neuen Formen von Kooperationsmodellen Unternehmen leben oder wie sie mit Arbeitszeitmodellen umgehen. Auch verändern gesellschaftliche Trends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit die Anforderungen der Nutzer an die Büroumgebung. Als RBSGROUP gestalten wir Arbeitswelten nach genau diesen Kriterien und spiegeln diese Haltung auch in unseren eigenen Projekten, denn was sich bewährt und wirtschaftlich rechnet, lässt sich am besten beweisen, indem man es selbst vormacht. So kommen im neuen Bürogebäude von Drees & Sommer in Stuttgart neben digitalen Alltagshelfern auch kreislauffähige Materialien nach dem sogenannten Cradle-to-Cradle-Prinzip zum Einsatz, die für eine gesunde Büroumgebung sorgen.  

Die rasante Veränderung der Arbeitswelt mitgestalten zu können und Lösungen für immer wieder neue Fragestellungen und Probleme zu entwickeln ist das, was mich seit nach wie vor in meinem Beruf antreibt. 

 S.W.:  Die RBS GROUP hat sich im Laufe der Jahrzehnte ja rasant entwickelt. Welche Leistung oder welcher Aspekt ist für Sie der faszinierendste? 

Qua meiner Ausbildung sind es natürlich die Kommunikationsprozesse. Wenn ich mir anschaue, welche Veränderungen sich durch die Pandemie ergeben haben, welche Themen und Fragestellungen wie Home-Office oder das Arbeiten von „third places“ aus nicht nur signifikant an Priorität gewonnen, sondern fast schon zum Trendbeschleuniger geworden sind, dann steht auch hier die Kommunikation und mit ihr Kommunikationsprozesse an erster Stelle. Wie halte ich den Kontakt zu meinen Mitarbeitern? Wie schaffe ich es, den unternehmerischen Spirit weiterzugeben? Wie ist die soziale Interaktion der Menschen, die wir unbedingt brauchen und die wir alle gerade vermissen? Wie sehen digitale oder hybride Führungsmodelle aus? Antworten auf diese Fragen zu finden ist auch über die Corona-Pandemie hinaus wichtig, denn das Home-Office wird ein Element der Arbeitskultur bleiben. Das heißt, Führung, Kommunikation und soziale Interaktion werden sich verändern. Damit gleichzeitig das Positive aus einer reinen Präsenzkultur erhalten bleibt, müssen wir uns mit diesen Fragestellungen aktiv auseinandersetzen. Dazu gehört auch, dass wir uns damit beschäftigen, welche Bedeutung und Rolle Büros künftig haben werden. Sie werden sich zunehmend zum Treffpunkt entwickeln, der individuell und flexibel an die Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst werden kann.

Das ist aber längst nicht alles: Wir untersuchen außerdem, welche Auswirkung die Veränderung von Arbeitswelten in einem weiter gefassten Sinn haben, also wie wir Gebäude gestalten, welche Mobilitätskonzepte wir brauchen und wie wir Quartiere und unserer Städte entwickeln werden. 

S.W. Bei allem Wandel in der Arbeitskultur in den letzten 30 Jahren, was ist aus Ihrer Sicht eine Konstante? 

Es stehen immer die Menschen im Mittelpunkt. Menschen mit ihrem Bedürfnis nach sozialer Interaktion, nach Austausch, nach Kommunikation, nach physischer Zusammenarbeit. Dies wird sich auch nicht durch künstliche Intelligenz ersetzen lassen, sondern das war, ist und wird auch zukünftig Treiber menschlichen Handelns sein. Aus Studien und empirischer Forschung wissen wir, dass die meisten innovativen Gedanken und Ideen durch den direkten, persönlichen Austausch entstehen. Und das ist im Moment eine elementare Frage: Wie können wir das in Zeiten von social distancing zulassen? Oder wie gehen wir damit um und schaffen „physische Nähe“ unter Hygieneschutzbestimmungen, die uns die Pandemie im Moment aufzwingt? 

All das sind Fragestellungen, die aktuell auch Teil unserer Arbeit und unserer Projekte sind. 

Ein Thema, das mich derzeit persönlich für mein Unternehmen, aber auch für unsere Kunden umtreibt, sind so genannte Hybride Räume. Dabei geht es in erster Linie um die Frage, wie man sicherstellen kann, dass Nähe und Austausch entstehen, auch wenn Menschen nicht in demselben Raum sind. Brauchen wir eigentlich noch klassische Meeting-Räume? Wir denken derzeit über Studios mit entsprechender Technik nach, die es ermöglichen, die digitale und analoge Welt miteinander verschmelzen lassen. 

Welche Parallelen gibt es zu dem, was wir tun, der Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung?

Ich möchte unterscheiden zwischen Innen- und Außenwirkung. Was bedeutet Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung für einen Menschen selbst, und was bedeutet es in der sozialen Interaktion? 

Fangen wir mit dem Innen an: Wir sind aus meiner Sicht am Ende des Zeitalters der Selbstoptimierung angekommen. Wir sind gefordert, wieder mehr auf unsere Umgebung zu achten. Die Frage: „Wie verhalte ich mich in einer Gruppe?“, wird immer relevanter, weil wir wissen, dass uns oft nur die Gruppe bzw. die Interaktion und Kooperation mit anderen weiterbringen wird. Das Optimum des Einzelnen muss und wird an Bedeutung verlieren. 

Sprechen wir über das Außen: Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung kann sich auch in den Anforderungen an die Arbeitswelten manifestieren. Denn Büros sind längst mehr als nur eine Betriebsstätte. Sie sind eine Visitenkarte des Unternehmens und ein wichtiges Element im Wettbewerb um die besten Talente – und damit integrativer Bestandteil des Employer Branding. 

Zudem ist das Büro ein Ort, das unternehmerischen Werte und Visionen im Raum erlebbar macht, Halt und Orientierung bietet und damit die Bindung der Mitarbeiter an den Arbeitgeber erhöht. Flexible Arbeitsmodelle, eine entsprechende Vertrauenskultur sowie eine hochwertige Arbeitsumgebung und -ausstattung werden zukünftig (noch) wichtigere Entscheidungs-Faktoren für Bewerbende und Arbeitnehmende sein. 

Unternehmens-, Führungs-, Kommunikations- und Interaktionskultur spiegeln sich in der räumlichen Umgebung wider und beeinflussen sie gleichermaßen. Da sind unsere Parallelen und gleichzeitig eine Schnittmenge, die Potenzial bietet, unsere Leistungen zu ergänzen. 

Wann kommen Ihnen die besten Ideen?

Diese Frage ist schnell beantwortet: Beim Segeln. Dort entstehen Kontemplation und der Raum für Kreativität. 

Wie wird Ihr Beruf im Jahr 2050 aussehen?

Mein Beruf hat für mich sehr viel mit Menschenführung zu tun, also mit Orientierung und Sicherheit geben. Das werden auch im Jahr 2050 trotz Digitalisierung und künstlicher Intelligenz noch Aufgaben von Führungskräften sein. Mit den Veränderungen unserer bekannten und gewohnten Lebens- und Arbeitssituationen werden sich auch die Art und Bedeutung von Zusammenarbeit und des Miteinanders verändern; vor allem auch vor dem Hintergrund, dass es den Großteil der Jobs des Jahres 2050 heute noch nicht gibt. 

Ich bin kein Hellseher, aber auch inhaltlich wird sich am großen Ganzen nichts Maßgebliches ändern. In meiner Rolle als Partner von Drees & Sommer geht es letztendlich darum, eine Welt – von der Arbeitswelt bis hin zur Stadt – zu schaffen, in der alle Generationen leben wollen und können – heute wie auch im Jahr 2050.  

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