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Geschäftsführerwissen: 9 Tipps für eine konstruktive Fehlertoleranzkultur

Fehler sind unvermeidbar. In jedem Unternehmen, egal welcher Größe, geschehen Fehler – ob durch Missverständnisse, falsche Annahmen oder mangelnde Informationen. Doch wie ein Unternehmen mit diesen Fehlern umgeht, entscheidet oft über seinen langfristigen Erfolg. Eine konstruktive Fehlertoleranzkultur fördert nicht nur Innovation und kontinuierliche Verbesserung, sondern stärkt auch das Vertrauen innerhalb des Teams. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie Sie als Geschäftsführer eine solche Kultur fördern und welche zehn Tipps dabei besonders wichtig sind.

Fehlertoleranzkultur - Organisationsentwicklung | Executive Coaching
Foto | mit KI erstellt

Management Summary

Wie in Unternehmen mit Fehlern umgegangen wird, beeinflusst massiv die Wettbewerbsfähigkeit. Denn: Eine destruktive Fehlerkultur hält Mitarbeiter und Führungskräfte davon ab, Risiken einzugehen und Verantwortung für Entscheidungen zu übernehmen. Prozesse dauern länger, Entwicklung stockt, Innovation wird unmöglich.

Als Geschäftsführer setzen Sie den Ton, welche Fehlerkultur Sie in Ihrem Unternehmen leben möchten.

Um eine konstruktive Fehlertoleranzkultur in Ihrer Organisation zu verankern, empfehle ich:

  • Entwicklung der eigenen Persönlichkeit hin zur Akzeptanz des Unperfekten
  • Fokus auf die Lösung statt auf die Schuld
  • Klare Abgrenzung, wo Null-Fehler erforderlich sind und wo Experimentieren erwünscht ist
  • Konstruktives Feedback und Lösungsfokussiertes Fragen, um Entwicklung und kontinuierliches Lernen zu fördern

Der Blick zurück: Fehler als Grundlage von Innovationen

Natürlich gibt es Fehler, deren Auswirkungen zu sehr großen und irreparablen Schäden führen. Wir denken an die Katastrophe in Tchernobyl, Zugunglücke durch fehlerhafte Weichenstellungen, Operationsfehler im Krankenhaus, die zu bleibenden gesundheitlichen Einschränkungen oder gar zum Tod führen. Gemessen an der Gesamtanzahl der Fehler, ist das jedoch der signifikant kleinere Teil.

Daher sollte sich unsere Einstellung gegenüber Fehlern ändern. Fehler sind wichtige Erfahrungen. Sie sind Teil des Wachstums, wichtiges Element von Entwicklungsprozessen. Ohne Fehler keine Innovation.

Mehrere Innovationen sind zufällig durch Fehler entstanden. Beispiele sind:

  • Post-it’s durch Spencer Silver
  • Tesafilm durch Entwickler der Firma Beiersdorf
  • Galvanisierung durch Charles Goodyear
  • Dynamit durch Alfred Nobel
  • Prinzip der Impfung durch Louis Pasteur

9 Tipps für eine Fehlertoleranzkultur

1. Fehler als Lernchancen betrachten

Eine der wichtigsten Grundlagen einer konstruktiven Fehlertoleranzkultur ist Ihre Haltung zu Fehlern, also die Art und Weise, wie Sie auf Fehler schauen. Bewerten Sie die Fehler als Mangel, Misserfolg oder Versagen? Oder betrachten Sie Fehler als Lern- und Entwicklungschancen?

Fehler bieten wertvolle Erkenntnisse darüber, was funktioniert und was nicht, und geben Aufschluss über Verbesserungspotenziale. Sie sind ein Spiegel des Ist-Zustandes.

Indem Sie als Geschäftsführer Fehler als Teil von Lernprozesse verstehen und als solche auch in der Organisation kommunizieren, schaffen Sie eine Kultur, die Mitarbeiter einlädt, aus einer Lernperspektive heraus auf Missgeschicke zu schauen.

2. Erwartung an die eigene Perfektion verändern

Diese offene Haltung Fehlern und Missgeschicken gegenüber erreichen Sie dauerhaft am selbstverständlichsten, wenn Sie die Erwartung an die eigene Leistungsqualität angemessen gestalten. Jedoch sind wir oft von Persönlichkeitsmustern geprägt, die uns dazu bringen, Höchstleistung abzuliefern, perfekt zu sein.

Dieses Muster lässt sich auflösen, wenn die dahinter liegenden Glaubenssätze transformiert werden. Solche Glaubenssätze können sein:

  • Ich darf keine Fehler machen.
  • Ich muss perfekt sein.
  • Ich muss durch Leistung überzeugen.
  • Ich muss besser sein als andere.

Die Transformation dieser Glaubenssätze gelingt in einem persönlichen Coaching.

3. Eine positive Fehlerkultur vorleben

In dem Moment, in dem Sie von sich selbst keine Perfektion mehr erwarten, wird Ihnen das auch mit Ihren Mitmenschen gelingen. Damit werden Sie ein authentisches Vorbild für Mitarbeiter und Führungskräfte sein und Kulturwandel ermöglichen.

Denn: die Art und Weise, wie Sie selbst mit Fehlern umgehen, hat einen entscheidenden Einfluss auf die Art und Weise, wie Ihre Belegschaft mit Fehlern umgeht.

4. Erwartungshaltung klar kommunizieren

Je klarer für alle ist, was Erwartungen an Ergebnisse ist und welche Spielregeln für das Miteinander gelten, desto geringer ist das Risiko, dass Missverständnisse entstehen.

  • Was erwarten Sie von den jeweiligen Rollen im Unternehmen? Welche Ziele und Aufgaben sind damit verbunden?
  • Wo gilt Null-Fehler-Toleranz? Wo darf experimentiert werden?
  • Welche Prozesse sind einzuhalten, welche Systeme sind zwingend zu nutzen?
  • Welche Werte bestimmen Ihr Miteinander und an welchem Verhalten werden diese Werte sichtbar?

Je klarer Sie als Geschäftsführer Ihre Erwartungen definieren, desto leichter ist es für die anderen, diesen auch gerecht zu werden oder proaktiv zu äußern, wenn diesen Erwartungen nicht entsprochen werden kann.

5. Offene Kommunikation fördern

Eine offene Kommunikationskultur ist der Schlüssel, um Fehler frühzeitig zu erkennen und gemeinsam an deren Lösung zu arbeiten. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, offen über ihre Fehler zu sprechen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen haben zu müssen.

Eine gute Möglichkeit, dies zu fördern, sind regelmäßige Meetings oder Feedback-Sessions, in denen Mitarbeiter ihre Herausforderungen und Fehler offenlegen können. Gehen Sie als Geschäftsführer mit gutem Beispiel voran und sprechen Sie offen über Ihre eigenen Fehler.

Manche Teams feiern sogar den „Fehler der Woche“ um zu zeigen, dass Fehler dazu gehören.

  1. Was ist mein Fehler der Woche?
  2. Was habe ich daraus gelernt?
  3. Was empfehle ich anderen, damit ihnen der Fehler nicht passiert?

6. Fehler strukturiert erfassen, analysieren und lösen

Fehler sind ein Spiegel des Ist-Zustandes und geben Impulse für Verbesserungen. Ein systematisches Fehlermanagement kann helfen, Fehler zu erfassen, zu analysieren und präventive Maßnahmen abzuleiten.

Ein solches System sollte nicht dazu dienen, einzelne Personen zu überwachen oder zu bestrafen, sondern als Werkzeug zur kontinuierlichen Verbesserung dienen.

Erfassen Sie Fehler strukturiert, analysieren Sie ihre Ursachen und erarbeiten Sie gemeinsam im Team präventive Maßnahmen, um ähnliche Fehler in Zukunft zu vermeiden:

  • Welchen Prozess geht es zu verändern?
  • Wo laufen Schnittstellen nicht rund?
  • An welchen Stellen fehlt das gemeinsame Verständnis?
  • Wo wird Schulungsbedarf sichtbar?

7. Verantwortung statt Schuldzuweisungen

In einer konstruktiven Fehlertoleranzkultur geht es nicht darum, einen Schuldigen zu finden, sondern die Verantwortung für den Fehler zu übernehmen und eine Lösung zu erarbeiten. Schuldzuweisungen führen zu Misstrauen und Angst, was die Produktivität und Kreativität einschränken kann. Verantwortungsübernahme hingegen fördert ein Gefühl des Zusammenhalts und der Problemlösung. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam an Verbesserungen zu arbeiten.

Steuern können Sie diesen Prozess über lösungsfokussierte Fragen:

  • Wie gehen wir mit dieser Situation um?
  • Was lernen wir aus dieser Erfahrung?
  • Wie können wir zukünftig …?
  • Was braucht es, damit der gleiche Fehler nicht noch einmal passiert?

8. Regelmäßiges Feedback geben, Wertschätzung zeigen

Neben regelmäßigem konstruktiven Feedback, spielt Wertschätzung eine große Rolle. Wenn Mitarbeiter wissen, dass ihre Bemühungen und Fortschritte gesehen und anerkannt werden, sind sie motivierter, Dinge voranzubringen und neue Wege zu gehen.

Als Geschäftsführer sollten Sie nicht nur Erfolge und Ergebnisse anerkennen, sondern auch (kleine) Fortschritte wertschätzen. Zeigen Sie, dass Sie die Initiative schätzen, auch wenn das Ergebnis nicht immer perfekt sein mag.

9. Bewusster Regelbruch als kreatives Experiment

Wenn Sie als Geschäftsführer in einem gesteckten Rahmen bewusst dazu auffordern, Regeln zu brechen, ist das ein starker Impuls, um neue Denkweisen und kreative Problemlösungen zu fördern.

In vielen Organisationen hemmen strenge Strukturen und feste Regeln oft das kreative Denken.

Indem Sie einen Raum schaffen, in dem es erlaubt und sogar erwünscht ist, Regeln zu brechen, geben Sie den Mitarbeitern die Freiheit, neue Ideen zu testen und unkonventionelle Wege zu gehen. Das ist insbesondere in innovationsgetriebenen Branchen sehr wertvoll, da es zu Durchbrüchen führen könnte, die unter normalen Umständen vielleicht nicht möglich wären.

Weiterentwicklung der Fehlerkultur: Ein top-down Prozess, der Zeit braucht

Wie jeder Prozess, der an unseren Werten, Erziehungsmustern, an alt Bekanntem und Etabliertem rüttelt und nicht nur ein Umdenken, sondern das Loslassen alter Muster und Glaubenssätze und die Entwicklung unserer Persönlichkeit erfordert, dauert dies seine Zeit. Daher ist die Veränderung der Fehlerkultur in den Unternehmen ein tiefgreifender Veränderungsprozess, der top-down stattfindet.

Die wichtigsten Etappen in diesem Prozess sind:

  1. Fehlerakzeptanz durch die oberste Führungsebene: Fehler sind Erfahrungen und Teil des Entwicklungsprozesses.
  2. Vorbildwirkung der obersten Führungsebene: Fehler werden offen zugegeben.
  3. Differenzierter Blick: Wo brauchen wir weiterhin eine Null-Fehler-Kultur und wo nicht?
  4. Weiterbildung: Kontinuierliche Weiterbildung on und off the job
  5. Risikominimierung: Bei Entscheidungen von großer unternehmerischer Tragweite hilft es, ein Worst-Case-Szenario zu antizipieren und zu überlegen, wie dieses vermieden werden kann.
  6. Lösungsfokussierte Kommunikation statt Schuldfrage: Wie gelingt es uns …? Was genau machen wir das nächste Mal anders? Wie noch lässt sich … vermeiden?
  7. Fehleranalyse und -bewertung: Raum zur Selbstreflexion lassen
  8. Feedback-Kultur: Im Alltag kontinuierlich konstruktives Feedback geben
  9. Lernprozess institutionalisieren: Welche Fehler haben wir gemacht? Was haben wir dabei gelernt? Welche Chancen ergeben sich daraus für uns? Lohnt es sich, diesen Fehler noch einmal zu machen? Wenn nicht, was ändern wir, damit es schwerer wird, ihn zu wiederholen?
  10. Umsetzung: Dinge, die aus Fehlern gelernt wurden, umsetzen und die Änderung begründen

Ihr nächster Schritt zu einer Fehlertoleranzkultur

In unserem „Quick-Check Fehlerkultur“ haben wir wesentliche Indikatoren zusammengestellt, anhand derer Sie die Fehlerkultur Ihres Unternehmens oder Teams auf einen Blick einschätzen können.

Quick-Check Fehlerkultur

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