Constanze Hintze
Foto | Ina Zabel
6 Min.

Sabine Walter im Gespräch mit …

Constanze Hintze, Geschäftsführerin von Svea Kuschel + Kolleginnen Finanzdienstleistungen für Frauen

Frau Hintze, was lieben Sie an Ihrem Beruf?

Ganz klar: dass ich tagtäglich mit Menschen zu tun habe. Die Arbeit am, für und mit dem Menschen steht bei uns in der Vermögensberatung an erster Stelle. Und weil jeder anders ist und andere Ziele verfolgt, bringt mein Beruf eine unglaubliche Vielfalt mit sich. Meine Arbeitsplatzbeschreibung würde daher nicht nur den klassischen Banker und Börsianer umfassen, sondern auch die Psychologin, die Architektin und den Coach. 

Dass ich Spaß an diesem Beruf haben würde, habe ich bereits während meiner Bankausbildung in Berlin gespürt. Meine Vorbilder waren damals die Wertpapier- und Kundenberater. Das war Mitte der 1980er Jahre. Und auch nach 30 Jahren hat sich an meiner Freude für diesen Job nichts geändert – hier ist immer etwas in Bewegung. Als ich dann 2000 meinen sicheren Arbeitsplatz in der Bank gegen die Selbstständigkeit getauscht habe, war das eine sehr große, wenn nicht sogar meine größte berufliche Herausforderung. Aber mich haben die unternehmerische Verantwortung, die Gestaltungsfreiheit und auch die Aussicht auf unmittelbare Ergebnismessung gelockt. Ein Sprung ins kalte Wasser, das war es zweifellos. Per heute sage ich aber: Alles richtig gemacht.

SW: Wie hat sich Ihr Beruf in den letzten Jahren verändert?

Ich erlebe einen deutlichen Wandel. Zum einen hat nach den Krisen ab der Jahrtausendwende und Verfehlungen einzelner Branchenvertreter das Vertrauen in die Finanzwelt arg gelitten. Die Finanzkrise 2007/2008, in der Banken gerettet wurden und die Aktienkurse auf Talfahrt gingen, verstärkte diesen Vertrauensverlust. Das ehemals blinde Vertrauen zur Bank und zum Banker ist schlichtweg verschwunden. 

Zum anderen ist der Bedarf an guter Finanzberatung groß. Das hat etwas mit unserer sozialen Absicherung in Deutschland zu tun, die zunehmend brüchiger wird und private Vorsorge daher ein Pflichtprogramm für alle ist. Es liegt aber auch der enormen Vielfalt der  Finanzwelt. Finanzberatung findet nicht mehr nur bei Banken und Sparkassen statt, sondern bei unabhängigen Vermögensberatern, Versicherungen und im weitesten Sinne auch im Netz durch Finanzblogger. Anleger haben heute mehr Möglichkeiten, Geld anzulegen. Das bietet Chancen, kann aber auch Verwirrung stiften. Und die Risiken werden trotzdem nicht weniger – im Gegenteil. Denn mit dem Wegfall von Zinsen ist eine ganze Anlageklasse komplett ausgefallen. Das macht Geldanlage anspruchsvoller, weshalb gute und persönliche Beratung so wichtig ist. 

Die dritte Entwicklung, die ich beobachte, ist eine Veränderung beim Anleger selbst: immer mehr Menschen beschäftigen sich mit ihrer Geldanlage und der Altersvorsorge. Die Anleger sind informierter und kritischer. Ich vergleiche das mit der Entwicklung in der Medizin. Auch hier informieren sich die Menschen über verschiedene Kanäle, recherchieren im Internet, holen Zweit- und Drittmeinungen ein. Und doch folgen sie in der finalen Entscheidung in den allermeisten Fällen dem Rat des Experten. Das ist nach wie vor ein hohes Gut. Will sagen, dass das Vertrauen, was uns früher die Kunden oft schon allein aufgrund unseres Berufes entgegengebracht haben, wir uns nun Tag für Tag erarbeiten müssen. 

Welche Parallelen gibt es zu dem, was wir tun, der Persönlichkeitsentwicklung?

Ein Ausdruck, der mir direkt dazu einfällt, ist „check & balance“. Zusammen mit dem Kunden kreieren wir eine bestimmte Anlagestrategie. Diese passt am Tag X zum Markt, zu den persönlichen und beruflichen Rahmenbedingungen des Kunden und seinen Zielen. Doch diese Strategie muss immer wieder überprüft, hinterfragt und angepasst werden. Die Situation des Anlegers ändert sich, Märkte ändern sich, Krisen tauchen auf und müssen gemanagt werden. Wir erleben das derzeit durch Corona. 

Das eigene Handeln und einmal getroffene Entscheidungen zu hinterfragen, gilt ja auch für mich als Frau, Mutter, Unternehmerin, Geschäftsführerin und Führungskraft. Check and balance lässt Persönlichkeitsentwicklung erst zu.

S.W.: Müssen Sie Ihrer Zeit voraus sein, um Ihren Beruf gut ausüben zu können?

Ja, ich denke schon. Vor allem muss ich gut informiert sein, Trends erkennen, nah am Geschehen und mich nah am Anleger bewegen. Deshalb beobachte ich auch die Digitalisierung, die über unsere Branche rollt, sehr genau. Es ist eine Revolution!

Wissen, Kompetenz und eine gewisse Prognosefähigkeit hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Finanzmärkte sind mein Handwerkszeug. Aber die Zukunft kann niemand vorhersagen. 

Wann kommen Ihnen die besten Ideen?

Nicht unter der Dusche (lacht). Es sind drei Dinge. Ich brauche für eine Ideenfindung eine spürbare räumliche und inhaltliche Distanz. So entstehen beispielsweise im Urlaub, bei einer ausgedehnten Bergwanderung oder beim morgendlichen Schwimmen neue Gedanken und Ideen. Quasi in der Bewegung.

Meine dritte Inspirationsquelle ist das Lesen. Ich schaue gern wie es andere machen, suche nach „best practice“ Beispielen. Die FAZ ist dafür eine gute Quelle mit ihren Stories zu Unternehmern oder Gründern. Andere Branchen, andere Berufe, Erfahrungen – das inspiriert mich. Vor allem wenn es um den digitalen Wandel geht.

Wie wird Ihr Beruf im Jahr 2050 aussehen?

Bill Gates sagte vor vielen Jahren: „Banking is necessary, banks not“. Das bringt es auf den Punkt. Unseren Beruf wird es immer geben, auch wenn er sich bis zum Jahr 2050 natürlich stark wandeln wird – wie er sich bereits in den letzten 2 Jahrzehnten verändert hat. Ich sagte es bereits: wir befinden uns mitten in einem digitalen Wandel, der nicht nur die Produktwelt verändert – denken Sie nur an die Algorithmus gestützten Robo Advisor in der Vermögensverwaltung – sondern auch ganze Arbeits- und Organisationsprozesse. Karrieren werden anders gedacht und geplant und Berater müssen künftig viel mehr digitale Kompetenzen mitbringen. 

Dennoch bin ich der Meinung, dass wir im Jahr 2050 in der Vermögens- und Finanzberatung ein hybrides Modell haben werden. Das heißt, der Mensch, der Berater, wird immer noch persönlichen und direkten Kontakt zum Kunden haben. Emotionen, Nähe und der „Duft“ eines guten Gespräches werden in der Zukunft als Gegentrend zum digitalen Alltag wahrgenommen. Sie bilden für mich einen wichtigen unternehmerischen Erfolgsfaktor. 

Constanze Hintze ist Vermögensexpertin und Geschäftsführerin von Svea Kuschel + Kolleginnen Finanzdienstleistungen für Frauen in München und Frankfurt am Main. Sie veröffentlichte bereits zahlreich zum Themenkomplex Frauen, Finanzen, Altersvorsorge und Vermögen und berät seit mehr als 30 Jahren Frauen und Männer in finanziellen Fragen. Hintze ist im internationalen Frauennetzwerk ZONTA engagiert.

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