Unternehmertum Im Mittelstand
Simone, was bedeutet für dich Unternehmertum?
Unternehmertum bedeutet für mich die Freiheit, mit viel Kreativität Dinge gestalten zu können. Zum anderen ist Unternehmertum für mich soziale Verantwortung für das Team, das ich führe. Und drittens kann ich als Unternehmerin die Ziele, die mir wichtig sind, konsequent verfolgen und am Markt, als Arbeitgeberin und in der Gesellschaft einen Unterschied machen.
Als Tragwerksplanerin und Architektin möchte ich gemeinsam mit meinem Team den Aspekt der Nachhaltigkeit substanziell in die Art und Weise, wie wir Gebäude planen und bauen, integrieren. Dabei ist Nachhaltigkeit für mich nicht nur der ökologische Aspekt. Nachhaltigkeit bedeutet für mich auch die nachhaltige und damit flexible Nutzungsmöglichkeit von Gebäuden trotz sich verändernder gesellschaftlicher Ansprüche.
Diese Art zu denken kann ich als Unternehmerin aus meiner Sicht schneller und umfassender umsetzen als als Angestellte.
Welchen Unterschied würdest du gern als Arbeitgeberin machen?
Ich möchte mein Team so führen, dass es gern ins Büro kommt und Lust hat, Dinge mitzugestalten. Ich möchte, dass sich unsere Mitarbeiter bei uns wohlfühlen, sich persönlich und fachlich entwickeln. Denn dadurch können die Ideen entstehen, die uns helfen, nachhaltige Gebäude zu planen.
Generationswechsel im Familienunternehmen
Wann war für euch bzw. für dich klar, dass du ins Familienunternehmen einsteigst?
Das war vor ca. 3,5 Jahren. Ich hatte zu dem Zeitpunkt die Entscheidung getroffen, bei meinem damaligen Arbeitgeber mit großem Vorlauf zu kündigen und den Einstieg bei bwp vorzubereiten.
Warum hast du dich dafür entschieden, die Nachfolge von deinem Vater anzutreten?
Ich habe die Chance gesehen, das Lebenswerk meines Vaters weiterzuentwickeln. Das ist auch mit Herausforderungen verbunden, aber Herausforderungen mag ich. Ich kann gemeinsam mit unserem sehr guten Team gestalten und Tragwerksplanung weiterdenken.
Natürlich ist dieser Entscheidung ein langer Prozess vorangegangen. Ich habe immer wieder überlegt, ob es die richtige Entscheidung für mich ist, ob es die richtige Entscheidung für uns als Familie ist und ob mein Vater und ich gemeinsam diesen Prozess stemmen können, ohne, dass unsere Beziehung darunter leidet.
Mein Partner, meine Schwestern, meine Mutter und enge Freunde waren mir dabei enge Vertraute und Sparringspartner. Sie haben zugehört, ihre Sicht auf die Dinge eingebracht und mich letztlich auch darin bestärkt, diesen Weg zu gehen.
Eine meiner Schwestern gab meinem Vater und mir dann den Impuls, den Prozess von einem Coach begleiten zu lassen. Und da kamst du ins Spiel.
Erfolgsfaktoren Unternehmenseinstieg
Wer und was haben dir dabei geholfen, deinen Platz im Unternehmen zu finden?
Das waren verschiedene Dinge. Zum einen hat es mir geholfen, vor meinem Einstieg bei bwp mit dir gemeinsam zu überlegen, in welcher Rolle und mit welchen Aufgaben ich am besten in die Firma einsteige sowie einen Plan zu entwickeln, der die Meilensteine meiner Entwicklung skizziert. Beides hat mir Sicherheit gegeben.
Ferner hatte ich von Anfang die Verantwortung für ein Strategieprojekt, das Projekt „bwp 2030“. Im Fokus dieses Projektes stand es, Ideen zu sammeln und umzusetzen, die unser Unternehmen fit für die Zukunft machen. So konnte ich neben klassischer Projektarbeit auch zeigen, dass ich die unternehmerische Kompetenz habe.
Im Unternehmen selbst haben mich die Kollegen unterstützt. Außerdem habe ich neben den Geschäftsführungskollegen einen fachlich sehr erfahrenen Mentor an meiner Seite, der meinen Blick für zentrale Aspekte der Tragwerksplanung und dem wirtschaftlichen Führen von Projekten schärft.
Und natürlich sind die fortlaufende Unterstützung meines Partners, meiner Familie und Freunde sowie das Coaching wichtige Eckpfeiler, um immer besser in meine Rolle und Verantwortung hineinzuwachsen.
Übergabe des Familienunternehmens: Ein „How-To„
Was würdest du anderen Familienunternehmern raten, wenn es um die Übergabe des Unternehmens von der Elterngeneration an die Kinder geht?
- Definiert einen klaren Übergabeprozess und nutzt dabei die Expertise eines erfahrenen Coaches.
- Plant euch ausreichend Zeit ein, habt Geduld mit euch und dem Prozess.
- Kommuniziert offen und klar: Welche Erwartungen habe alle aneinander? Welche Sorgen und Ängste sind im Raum?
- Habt keine Angst davor, dass sich privat und beruflich vermischt, aber seid euch dessen bewusst.
- Freut euch darauf, was ihr an euch neu entdeckt. Wenn man so eng zusammenarbeitet, lernt man sich neu kennen.
- Habt den Mut, Fehler zu machen und akzeptiert, dass Fehler passieren.
Neue Perspektiven Durch die Zusammenarbeit
Was hast du an deinem Vater neu kennengelernt?
Als Kind hatte ich eine Vorstellung im Kopf, wie meine Eltern in ihrem Job sind. Und ich dachte immer, unser Vater ist ein sehr strenger Chef und im Büro ganz anders als zuhause. Jetzt merke ich, mein Vater ist authentisch. Er ist er. Er verstellt sich nicht. Das ist eine große Qualität von ihm. Und so streng, wie ich dachte, ist er auch nicht.
Wenn ich deinen Vater fragen würde, was er neu an dir entdeckt hat, was würde er sagen?
Ich glaube, er würde sagen: Die Simone hat eigene Vorstellungen und schafft es, andere auf eine sehr klare und charmante Art und Weise davon zu überzeugen.
Zur Person:
Simone Burggraf hat Bauingenieurswesen und Architektur an der Technischen Universität in München studiert und danach in verschiedenen Ingenieur- und Architekturbüros gearbeitet. 2023 ist sie als Projektleiterin in das Familienunternehmen eingestiegen. Zum 01. Januar 2025 wurde sie zur Geschäftsführerin bestellt.
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