Unternehmergespräch mit Svenja Schmitt

Von Sabine Walter
28. März 2025

„Lernen, ohne es mitzubekommen“ ist der Traum von Svenja Schmitt, ausgebildete Game Designerin. Die 36-jährige spielt leidenschaftlich seit ihrer Kindheit, sowohl digital als auch analog und hat sich auf diese Weise unter anderem Fremdsprachen beigebracht. Da lag es nahe, die Leidenschaft zum Beruf zu machen. Sabine Walter hat mit der Unternehmerin gesprochen.

Portrait Svenja Schmitt teamera, Serious Games
Foto | Andy Soydt

SVENJA SCHMITT | GAME designerin und mitgründerin von Teamera, einem unternehmen für Serious games

Svenja, was liebst du an deinem Job?

Die Freiheit, meine kreativen Ideen zu verwirklichen und in Aktion beobachten zu können. Ich mag es, wenn Leute durch meine Arbeit ein begeisterndes Spielerlebnis haben und konkrete Impulse für ihren Alltag aus unseren Spielen mitnehmen.

Warum Serious Games?

Letztlich ist das Spielen ein ernsthaftes Thema. Wir lernen und begreifen spielerisch und erkunden so bereits als Kinder Themen oder Fragestellungen, die wir später im Alltag brauchen: Wie plant und baut man Gebäude? Wie rechnet man Würfelaugen zusammen, die man bei Kniffel erspielt? Wie geht man damit um, wenn man im Spiel verliert?  

Serious Games machen nichts anderes und greifen dabei etwas auf, das auch wir Erwachsene gern machen. Spielen. Ich sage immer gern: Wir hören nicht auf zu spielen, weil wir alt werden, sondern wir werden alt, weil wir aufhören zu spielen.

Wir bei teamera möchten mit unseren Serious Games, dass bei Erwachsenen auch im beruflichen Alltag das Spielerische mehr Einzug hält. Spielen ist weit mehr als Zeitvertreib und Unterhaltung. Spielen ist Miteinander, Kommunikation, Experimentieren, Hinterfragen, die Komfortzone verlassen. Und das alles in einer entspannten, freudigen und motivierenden Atmosphäre.

Aus unserem Serious Game können Teams konkrete Impulse für ihre Zusammenarbeit, Teamorganisation und -kommunikation, über Führung und Projektmanagement mitnehmen.

Spielen – Die Leidenschaft zum Beruf gemacht

Jetzt wird man ja nicht als Spielentwicklerin geboren. Wie bist du dahin gekommen, wo du jetzt bist?

Ich bin mit 3 Geschwistern aufgewachsen und habe immer schon viel und gern gespielt: Brettspiele, Kartenspiele, Videospiele. Und da war dann gegen Ende meiner Schulzeit klar, dass ich in diese Richtung gehen wollte. Nach meinem Abitur habe ich eine Ausbildung in Game Design an der Designhochschule in Schwerin absolviert. Dort und im Rahmen mehreren Praktika habe ich mich mit den unterschiedlichen Stationen der Videospielentwicklung beschäftigt. Daran angeschlossen habe ich ein Studium der Japanologie absolviert und in einer japanischen Videospielfirma gearbeitet, in der ich ein „Educational Game Based Learning“-Spiel für Schulkinder mitentwickelt habe. Das Spiel sollte diese Kinder dabei unterstützen, Englisch zu lernen.

Im Rahmen dieser Spieleentwicklung konnte ich meine Erfahrung, eine Fremdsprache zu lernen mit der Expertise des Game Design kombinieren. Das hat mich so fasziniert, dass ich meine Bachelorarbeit auch dem Thema „Spracherwerb durch Videospiele“ gewidmet habe.

Damit wollte ich dann beruflich auch weiter machen. Daher habe mich noch mal intensiver mit Ludologie, also der Spielwissenschaft, beschäftigt und mich mit dem Menschen als spielerisches Wesen auseinandergesetzt.

In unserem Start-up „teamera“ widmen wir uns jetzt der Frage: Wie können wir Teams spielerisch befähigen, besser zusammenzuarbeiten?

TEAMENTWICKLUNG IM ANTARKTISCHEN EIS

Euer Spiel „Eternal Ice“ spielt im ewigen Eis der Antarktis. Warum ewiges Eis? Warum Antarktis?

Wir wollten allen Teilnehmern gleiche Startchancen bieten und haben nach einem Umfeld gesucht, in dem noch keiner wahr. Das hätte auf einer Marsstation sein können oder aber in einem Ameisenhügel oder aber in der Antarktis. Wir haben uns für die Antarktis entschieden, weil es nicht ganz so abstrakt ist, wie die anderen Optionen und sich bestimmt jeder Spielende vorstellen kann, wie das so ist in der klirrenden Kälte, umgeben von Eisbergen, fernab der Zivilisation.

Arbeiten im Flow

Wie viel Stunden am Tag sitzt du als Game Designerin am Rechner?

Etwa 50% meiner Arbeitszeit – allerdings sind diese nicht alle mit Game Design gefüllt, sondern auch mit unternehmerischen Tätigkeiten: Kundenberatung, Buchhaltung, Unternehmergesprächen, E-Mails beantworten.

Die anderen 50% bin ich bin Bewegung, entweder in meinem Zweitjob im Fitnessstudio oder aber beim Wakeboarden auf dem Wasser. 

Was bedeutet es für dich im Flow zu sein?

Ich liebe diesen Zustand. Ich habe Teile meiner Bachelorarbeit im Flow geschrieben. Damals habe ich an einem Wochenende 20 Seiten zu Papier gebracht und war wie in einem Tunnel. Die Ideen sind nur so geflossen. Für Kreative ist dieser Zustand enorm wichtig, da wir nicht auf Knopfdruck Ideen produzieren können.

Ich wünsche mir, dass auch in der Arbeitswelt der Flow noch mehr Einzug hält und sich produktive Phasen mit Entspannung abwechseln und Leute nicht versuchen, Zeit am Schreibtisch totzuschlagen.

S.W.: Das setzt auch voraus, dass man gut mit sich im Kontakt ist und die Initialzündung wahrnimmt, die dem Flow vorausgeht.

Stimmt.

Wie kommst du in den Flow?

Bei guter Musik. Wenn ich den richtigen Soundtrack anhabe, kann ich die Zeit vergessen.

Wie oft stehst du auf dem Wakeboard und denkst: „Hätte ich meinen Notizblock dabei, jetzt fließen die Ideen nur so.“?

Gar nicht so oft. Aber glücklicherweise gibt es ja auch die Notizfunktion auf dem Handy, um spontane Einfälle festzuhalten. Mir geht es oft abends vor dem Einschlafen so, dass sich die ein oder andere Idee noch mal ihren Weg ans Licht bahnt. Die muss ich dann notieren, sonst komme ich nicht zur Ruhe.

LERNEN im Jahr 2050

Lass uns mal in die Zukunft blicken: Wie wird sich aus deiner Sicht unsere Art zu lernen, in den nächsten 20 – 30 Jahren verändern?

Wenn ich mir die Schule als Raum zum Lernen anschaue, nehme ich wahr, dass sich in der Art zu lernen oder auch Wissen zu vermitteln in den letzten 30 Jahren nicht wirklich etwas verändert hat. Da bestimmt immer noch Frontalunterricht den Tagesablauf.

Jedoch bin ich optimistisch, dass sich daran etwas ändern wird. Immer mehr alternative Schulen oder Schulkonzepte werden umgesetzt, die sowohl Erkenntnisse aus der Lernpsychologie als auch natürlich andere Medien und Kanäle als die Tafel, den Overheadprojektor oder die Powerpoint nutzen, um Wissen interaktiv zu vermitteln.

Mein Wunsch wäre, wenn Lernen „nebenbei“ passiert und Teilhabe einen großen Raum in Lernkonzepten einnimmt. Game Based Learning sollte mehr Platz bekommen, so dass Kinder Erfahrungen machen, die sie begeistern und sie aus dieser Begeisterung heraus, Informationen und Wissen aufnehmen.

Wenn ich überlege, wie ich z.B. Englisch oder auch Japanisch gelernt habe, dann haben Videospiele daran einen großen Anteil. In einer immersiven Welt mit einer fremden Sprache konfrontiert zu werden, lässt einen so einiges unbewusst aufschnappen. Ich war damals so vom Spiel begeistert, dass ich gar nicht mitbekommen habe, nebenbei eine zweite Sprache zu lernen.

Lernen, ohne es direkt mitzubekommen bzw. Lernen durch Osmose – also Wissen aufnehmen, ohne bewusst zu pauken – das wäre mein Traum.

Svenja Schmitt ist Mitgründerin des Start-ups teamera. Das Unternehmen mit Sitz in Jena entwickelt Serious Games für Unternehmen. Ihr Spiel „Eternal Ice“ befähigt Teams auf spielerische Art und Weise, besser zusammenzuarbeiten und ihre Kommunikation und Organisation im Sinne eines vertrauensvollen und produktiven Miteinanders weiterzuentwickeln.


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Karen Funk
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