Management Summary
Veränderungen lösen in Organisationen vor allem dann Angst aus, wenn das Messy Middle – die Phase zwischen Abschied und Neubeginn – als chaotisch, unkontrollierbar oder bedrohlich erlebt wird. Entscheidend dafür, wie stark diese Angst wird, ist die Art der Kommunikation. Denn alles, was wir in den Fokus nehmen, gewinnt an Kraft: Wer Chaos betont, verstärkt Chaos. Wer Orientierung schafft, reduziert Unsicherheit.
Eine wirksame Change-Kommunikation basiert auf drei Prinzipien:
1. Drama raus – Fakten rein: Situationen wertfrei beschreiben, ohne Probleme schönzureden oder Ängste zu ignorieren.
2. Dienlichkeit klären: Was war bisher nützlich und was hilft heute nicht mehr? So wird Veränderung nachvollziehbar.
3. Lösungsfokussierung stärken: Ängste anerkennen, konkretisieren und mit lösungsorientierten Fragen aus Killerphrasen aussteigen.
Wertschätzung für das, was war, sowie die bewusste Anerkennung kleiner Fortschritte schaffen zusätzlich Stabilität. So gelingt es Teams und Führungskräften, Veränderungsprozesse konstruktiv zu begleiten – und aus Angst vor Verlust Orientierung, Verantwortlichkeit und Mut zum Neuen entstehen zu lassen.
Die drei Phasen der Veränderung
1. Long Goodbye
Die Phase, in der das Alte noch da ist, aber innerlich bereits bröckelt. Gewohnheiten verlieren an Stabilität. Menschen spüren: Etwas wird enden.
2. Messy Middle
Die unsicherste Phase. Das Alte trägt nicht mehr, das Neue noch nicht. Orientierungslöcher entstehen – und genau hier wächst die Angst vor Kontrollverlust.
3. New Beginning
Neue Strukturen, Rollen oder Prozesse beginnen zu greifen. Das Gefühl von Sicherheit baut sich langsam wieder auf.
Wichtig: Diese Phasen dauern für jeden Menschen unterschiedlich lang. Und jeder geht individuell damit um.
Change – Warum das Messy Middle so viel Angst erzeugt
In Organisationen ist zu beobachten, dass negative Narrative sich schnell verbreiten:
- „Bei uns versinkt gerade alles im Chaos.“
- „Keiner weiß, was er tun soll.“
- „Das, was die sich da überlegt haben, wird nie funktionieren.“
Wenn solche Sätze durch Flure und Kaffeeküchen wandern, verstärken sie Angst. Denn: Alles, was wir in den Fokus nehmen, gewinnt Kraft.
Wer Chaos in den Mittelpunkt seiner Kommunikation stellt, wird mehr Chaos wahrnehmen. Wer Unsicherheit thematisiert, verstärkt sie.
Dabei sind es selten die sachlichen Veränderungen, die Stress auslösen, sondern das Gefühl, dass grundlegende Bedürfnisse (Sicherheit, Orientierung, Einfluss, Zugehörigkeit) bedroht sind.
Was bedeutet das für die Change Kommunikation?
1. Drama raus – Wertfreiheit rein
Wertfrei heißt nicht emotional kalt.
Es bedeutet: Situationen benennen, ohne sie zu bewerten.
Nicht: „Das Vorgehen ist chaotisch.“
Sondern: „Es gibt gerade viele offene Fragen. Lass uns sie sortieren.“
Wertfreiheit fördert Orientierung – nicht Abwehr.
2. Keine Schönfärberei
„Drama raus“ bedeutet ausdrücklich nicht:
- Probleme kleinreden
- Ängste ignorieren
- Besorgnis erregendes verschweigen
Ehrlichkeit + Klarheit = Vertrauen.
3. Fragen nach der Dienlichkeit
Diese Art der Reflexion hilft, konstruktiv zu bleiben:
- Was war bisher dienlich?
- Was trägt uns aktuell noch?
- Was sollten wir anpassen, weil es uns heute nicht mehr hilft?
So würdigen wir das Alte, ohne daran festzuhalten.
4. Andere aus dem Drama holen – lösungsfokussiert kommunizieren
Dramatische Aussagen sind oft nur ein Ausdruck verletzter Bedürfnisse.
Statt dagegen anzureden, hilft es, konkret zu werden:
„Du machst dir Sorgen – worüber genau?“
„Woran machst du fest, dass der Prozess nicht funktionieren kann?“
Lösungsfokussierte Reframing-Sätze entschärfen Killerphrasen:
- „Das kann so nicht klappen!“ → „Wie würde es deiner Meinung nach funktionieren?“
- „Da hat jemand nicht zu Ende gedacht!“ → „Was genau fehlt deiner Ansicht nach?“
So entsteht konstruktive Verantwortung statt destruktiver Meckerei.
5. Wertschätzung für das, was war
In vielen Organisationen entsteht eine Polarisierung: Die einen verklären die Vergangenheit, die anderen verteufeln sie.
Beides blockiert Veränderung.
Eine gesunde Kommunikation lautet: „Was wir bisher getan haben, war uns dienlich und hat unseren Erfolg ermöglicht. Jetzt dient es uns nicht mehr in gleichem Maße – deshalb passen wir es an.“
6. Das erkennen, was neu entsteht
Kritiker sind oft lauter als Unterstützer. Deshalb gehen kleine Fortschritte unter. Hier hilft ein bewusster Blick auf das, was bereits gelungen ist.
Beispiel:
Ein Projektteam hat früher nie Standups durchgeführt. Nun findet es einmal pro Woche statt.
Statt zu sagen: „Immer noch viel zu selten.“
Besser: „Es findet jetzt wöchentlich statt. Was wird dadurch möglich?“
So bekommt das Neue Raum und wird bestärkt zu wachsen.
Change – Wirkungsvolle Leitfragen für sich selbst und das Team
- Wo stehe ich / wo stehst du / steht ihr mental in den drei Phasen?
- Wo stehe ich / wo stehst du / wo steht ihr emotional?
- Was habe ich / hast du / habt ihr schon akzeptiert?
- Wo sträubt sich innerlich noch alles? Warum?
- Wie sähe ein Prozess / eine Lösung aus, der / die für unsere aktuelle Situation absolut dienlich wäre?
Fazit: Souverän durch Change navigieren
Veränderung wird leichter, wenn wir sie nicht dramatisieren, sondern realistisch, wertfrei und lösungsorientiert betrachten. Kommunikation entscheidet, ob Veränderung Angst verstärkt – oder die Grundlage für Orientierung, Mut und neue Ideen bildet.
Haben Sie beim Lesen des Beitrags Impulse erhalten?


