Führung heißt, Verantwortung übernehmen.
S.W.: Was bedeutet Führung für Sie, Herr Furch?
Führung heißt für mich als Geschäftsführer, Verantwortung für meine Mitarbeiter zu übernehmen und ihnen einen sicheren Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Das erfordert, gerade in unserer komplexen und schnelllebigen Zeit, viele und vor allem schnelle Entscheidungen zu treffen, diese transparent zu machen und zu ihnen zu stehen.
Gerade, wenn es um Entscheidungen geht, die Veränderung bedeuten, halte ich es für die zwingende Aufgabe der Führungsebene, diese den Mitarbeitern nahe zu bringen und die Chancen zu vermitteln, die diese Veränderung mit sich bringen kann.
Führung ist Vertrauen und Wertschätzung.
Vor allem Vertrauen ist bei der Mitarbeiterführung elementar. Menschen für das wertzuschätzen, was sie sind und leisten und ihnen den Freiraum zu geben, sich zu entwickeln.
Ich hatte zu Beginn meiner Berufslaufbahn das Glück, solch einen Freiraum zu genießen. Das hat mich geprägt.
Das, was mich als Führungskraft ebenso ausmacht, ist Authentizität. Authentizität kann man von niemandem verlangen. Authentisch ist man oder man ist es nicht. Ich bin es. Die Menschen wissen, woran sie bei mir sind. Das bildet Vertrauen – elementar für eine gesunde Unternehmenskultur.
Die Teamkultur macht Stingl besonders.
S.W.: Wie gelingt es Ihnen, diese Werte, die Sie genannt haben, im Unternehmen dauerhaft am Leben zu halten?
Das sind verschiedene Aspekte: Meine Haltung und die meines Führungsteams, die Investition in Aus- und Weiterbildung und die Investition in eine starke Teamkultur.
Wir wissen, dass die wichtigste Ressource unseres Unternehmens unsere Mitarbeiter sind. Ohne sie würden wir als Unternehmen kein Geld verdienen. Dieses Wissen spiegelt sich in der Haltung des ganzen Führungsteams und in den Investitionen wider. Dazu zählen verschiedene Dinge:
Ein Schwerpunkt liegt beim Thema Ausbildung, in die wir viel investieren. Wir bilden laufend um die 30 Lehrlinge aus, die wir aus zahlreichen Bewerbungen auswählen können – 2019 waren es etwa 100 (!). Und wir versuchen, dem Wunsch vor allem der jungen Mitarbeiter Rechnung zu tragen, den Arbeitsplatz zeitlich berechenbar zu machen. Das heißt, ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Aufgaben innerhalb der regulären Arbeitszeit und ohne ständige Überstunden zu schaffen. Das erfordert natürlich eine klare Organisation. Wer hat welche Rolle und Verantwortung? Wer übernimmt welche Aufgaben? Wie sind die Schnittstellen organisiert?
Wir bieten zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten – sowohl fachliche als auch zur Persönlichkeitsentwicklung. Es gibt Angebote zur Work-Life-Balance: wir haben ein Sportangebot und bieten seit Jahren regelmäßig Shiatsu-Massagen an, die die Mitarbeiter gerne in Anspruch nehmen.
Auch das Thema Lohn spielt eine Rolle. Aber das ist nicht das Entscheidende. Entscheidend ist die Teamkultur, die wir leben und in die wir auch investieren. Wir veranstalten z. B. viele Firmen- und Abteilungsevents wie Sommerfest, Oktoberfest, Weihnachtsfeier. Es gibt Teamworkshops und Business Unit übergreifende Veranstaltungen, um Zusammenhalt und Kommunikation zu stärken.
Team wird bei uns ganz groß geschrieben.
Eigenverantwortung und Entfaltung innerhalb eines gemeinsamen Rahmens.
S.W.: Was unterscheidet aus Ihrer Sicht Führung im Mittelstand von der Führung im Konzern?
Das unternehmerische Denken und Handeln, eigene Ideen einzubringen und umsetzen zu können sowie die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
Für ein mittelständisches Handwerksunternehmen sind wir extrem organisiert und strukturiert. Wir haben die Aufgabenteilung in einer Prozesslandschaft organisiert. Das schafft Klarheit und gibt uns die Möglichkeit, jeden nach seinen Stärken einzusetzen und zu entwickeln.
Das führt dazu, dass Mitarbeiter gern bei uns arbeiten und trägt zu einer dauerhaft sehr guten Qualität bei.
Ich komme hier nochmal auf „Vertrauen“ zurück: Vertrauen heißt bei uns auch, dass der Mitarbeiter seinen Tätigkeits- und Aufgabenbereich innerhalb definierter Leitplanken selbst entwickeln kann. Das Ziel haben wir gemeinsam definiert, aber den Weg dahin kann der Mitarbeiter frei gestalten. Das fordert und fördert Eigenverantwortung und bringt unterschiedliche Ansätze und Ideen zu Tage.
Diese Rahmenbedingungen vereinfachen für mich die Unternehmensführung, denn ich habe ein Führungsteam und Mitarbeiter, die eigenständig arbeiten, die sich gern einbringen und auf die ich mich verlassen kann.
Werte leben – nach innen und nach außen
S.W.: Welche der Werte, die Sie vorhin genannt haben, spüren Ihre Kunden und Lieferanten?
Alle. Wir gehen mit unseren Kunden und Lieferanten fair und partnerschaftlich um. Wir haben lange, teilweise jahrzehntelange Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Auch da wächst Vertrauen, weil wir verlässlich sind, sehr gute Qualität abliefern, einander mit Respekt und Wertschätzung begegnen und die Kommunikation passt.
Wir haben vor vier Jahren ein Weiterbildungsangebot gestartet, das auf den wertschätzenden und professionellen Umgang mit Kunden fokussiert. Das nehmen unsere Monteure sehr gut an. Und es zahlt sich im Alltag, also auf unseren Baustellen, aus.
Mein Credo: „Vertrieb ist ein Regelkreis. Die technische Projektabwicklung die Referenz dazu.“, wird damit gestärkt. Denn das Erscheinungsbild, das Unternehmen aus unserer Branche auf der Baustelle und im Umgang mit den Kunden abgegeben, kann aus Vertriebssicht für oder gegen ein Unternehmen arbeiten. Unser Erscheinungsbild arbeitet für uns.
Vertrauen in die Mitarbeiter – Investition in die Zukunft
S.W.: Wie wird sich Führung verändern müssen, um unsere unternehmerischen und gesellschaftlichen Herausforderungen zu meistern?
Qualität liefern, Verantwortung abgeben, Mitarbeiter einbinden und sie das machen lassen, wofür sie brennen – bei einem gemeinsamen Ziel, Gestaltungsfreiheit und Vertrauen. Veränderungen gegenüber aufgeschlossen sein und die Chancen sehen, die sie bieten.
Ein Beispiel: Wir sind gerade dabei, Stingl digital auszurichten. Digitalisierung wird auch in unserer Branche eine Schlüsselkompetenz. Der Weg, den wir dabei gehen, mag sich von anderen Unternehmen unterscheiden, da wir konsequent auf die Ideen unserer Mitarbeiter setzen.
Wir haben bei Stingl einen „Digitalkreis“ gegründet. Diesem gehören zehn unserer Mitarbeiter unterschiedlicher Bereiche und Abteilungen an, die eins verbindet: Spaß an IT und Spaß an der Digitalisierung. Sie brennen für das, was sie tun und haben tolle Ideen. Ich finde es faszinierend, welche Kompetenzen wir in diesem für uns neuen Feld im Haus haben. Und hätte ich kein Vertrauen in meine Mitarbeiter, hätte ich diesen „Schatz“ nicht entdeckt.
Was dieses Beispiel erneut untermauert, ist: Die wichtigste Ressource für den Erfolg unseres Unternehmens ist nicht das Management. Es sind die Mitarbeiter, die das Haus Stingl repräsentieren und für den Kunden arbeiten. Es sind die, die mit ihren Ideen und ihrem Engagement tagtäglich dazu beitragen, dass wir die Qualität liefern, die der Kunde von uns erwartet und für die Stingl seit Jahrzehnten steht.
Dieter Furch studierte Versorgungstechnik an der Hochschule München und schloss 1994 sein Studium zum Dipl. Ing. Versorgungstechnik (FH) ab. Seit 2003 ist er Geschäftsführer der Stingl GmbH in München, einem Spezialisten für Gebäudetechnik. Das Unternehmen bietet maßgeschneiderte Lösungen aus einer Hand für alle Bereiche der Haustechnik.
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