Digital Leadershiph: Roboter blickt Totenschädel an - managementberatung | coaching
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Führung | Digitale Transformation

Digital Leaders – alles nur keine Roboter!

Von Sabine Walter, Head of netzwerk managementberatung | coaching

Wir sind auf dem Weg in ein neues Zeitalter. Digitalisierung ist das Thema Nummer 1. Daher wird das Wort oft genutzt und bringt Sprachschöpfungen zu Tage, bei denen es sich lohnt, dahinter zu schauen: Digital Natives und Digital Leaders. Was steckt hinter den Begriffen? Wenn also nicht die eines Roboters — welche Kompetenzen brauchen Führungskräfte, um die Digitale Transformation erfolgreich zu gestalten?

Digital Natives – Digitalisierung im Blut?

Die Bezeichnung „Digital Natives“ lässt vermuten, dass wir es hier mit einer Generation zu tun haben, denen quasi im Mutterleib schon die Selbstverständlichkeit einer digitalen Welt mitgegeben wurde. Sie bewegen sich spielend leicht in digitalen Medien, sind in der Lage, diese weiterzuentwickeln und qua ihres Geburtszeitraumes digitale Prozesse, Geschäftsmodelle und ähnliches voranzutreiben. Dass dem nicht so ist, zeigt u.a. eine in der Septemberausgabe der brand eins vorgestellte Internationale Vergleichsstudie der Digitalkompetenzen von Achtklässlern, veröffentlicht im November 2019.

Wörtlich heißt es: „Auch wenn Teenager privat ständig digitale Medien nutzen, wissen sie über den reinen Konsum hinaus oft wenig mit den Möglichkeiten des Internets anzufangen.“ 97% der Zwölfjährigen sind zwar regelmäßig online, aber das, was sie digital können, sind E-Mails öffnen, Links anklicken und ein Wort in einen Text einfügen. Kurzum: sie können „digitale Inhalte und Anwendungen“ konsumieren aber nicht eigenständig gestalten und erstellen. Oder wie es der Deutschlandfunk in seinem Resümee der Studie zugespitzt titelt: „Ein Drittel der Schüler können nur klicken und wischen.“

Schauen wir uns den Digital Leader an.

Welche Kompetenzen braucht ein Digital Leader?

Liest man sich durch Studien und Literatur, findet man viele Kompetenznennungen dazu. Gruppieren lassen sich diese Kompetenzen in vier Schwerpunkte:

  • Persönliche Kompetenzen
  • Fach- und Methodenkompetenzen
  • Führungskompetenzen
  • Sozial-kommunikative Kompetenzen

Schauen wir etwas mehr ins Detail auf die Schlüsselkompetenzen.

Darstellung von vier Kompetenzbereichen der Digital Leaders
Ausgewählte Kompetenzen der Digital Leaders, eigene Darstellung

Seien wir ehrlich, liebe Führungskräfte, dort steht bis auf „Virtual Collaboration“ nichts Neues. Die Kompetenzen der Führungskräfte, die die Digitale Transformation gestalten, sind Kompetenzen, die auch in der Vergangenheit gute Führungskräfte ausgezeichnet haben. Bedauerlicherweise wurden diese Kompetenzen in den Unternehmen in der Vergangenheit zu wenig gelebt.

Damit die entscheidenden Kompetenzen zukünftig sichtbarer werden, liegt der Schlüssel in einem veränderten Führungsverständnis und der Auswahl von zukünftigen Führungskräften.

Ein mögliches Führungsverständnis der Digital Leaders

Mit zunehmender Digitalisierung, steht für mich immer das Führen von Menschen im Mittelpunkt dieses Führungsverständnisses. Gute (Menschen)führung ist für mich nicht nur Kopfsache – vielmehr integriert sie Kopf und Herz. Sie ist uneigennützig und unterstützend. (Menschen)führung im 21. Jahrhundert folgt dem ausschließlichen Selbstverständnis, anderen dabei zu helfen, sich zu entwickeln. Sie folgt dem alleinigen Anspruch, Menschen Raum zu geben, ihr Potenzial vollständig gestalterisch einzubringen, so dass Kreativität fließen und Innovation entstehen kann. Führung mit Kopf und Herz ist immer auf Augenhöhe, wohlwollend und individuell.

Wenn dieses Selbstverständnis gelebt wird, geht es bei Führung auch zukünftig um fünf elementare Dinge. Es geht um:

  • Glaubwürdigkeit
  • Strukturen
  • das Schaffen von Teams und das Fördern von Teamarbeit
  • das Ermöglichen von Entwicklung. Entwicklung von Menschen, Teams, Strukturen, Prozessen, Ideen, …, dem Unternehmen
  • Und es geht darum, Entscheidungen zu treffen.

Erfolgt das, so entsteht Vertrauen. Vertrauen in das Unternehmen, Vertrauen in die Prozesse und Strukturen, in die Menschen, die im und mit dem Unternehmen arbeiten. Es entsteht Vertrauen in die Sinnhaftigkeit und damit in Zukunftsfähigkeit.

Führung dient.

Bei Führung geht es weder um Selbstverwirklichung, noch um Macht oder Status. Bei Führung geht es ums Dienen. Führung dient den Menschen – Einzelnen, Teams, Unternehmen, der Gesellschaft. Das bedeutet einmal mehr, dass exzellente Fachkompetenz oder hervorragende Umsatzzahlen in Zukunft noch weniger alleinige Kriterien für die Auswahl von Führungspersonen sein dürfen.

Vielmehr geht es darum, Menschen mit Führungsverantwortung zu betrauen, die aufgrund ihrer Persönlichkeit die Fähigkeit dazu haben. Was heißt das konkret?

Es geht darum, Führungskräfte auszuwählen, die in sich gefestigt sind und sich gleichzeitig kontinuierlich weiterentwickeln. Teil dieses Lern- und Entwicklungsprozesses sind vor allem:

  • der kontinuierliche Ausbau der emotionalen Intelligenz,
  • das fortwährende Stärken intuitiver Fähigkeiten und
  • das Lösen starrer Verhaltensmuster, wie z.B. das Auflösen der Angst vor Ablehnung

Denn dann gelingt es, Menschen in ihrer Gesamtheit zu sehen und wertfrei als Persönlichkeit sein zu lassen.

Jetzt mögen Sie denken: „Steht das wertfrei als Persönlichkeit sein lassen nicht im Widerspruch zu Potenzialentfaltung?“ Nein. Im Gegenteil. Es ist eine Voraussetzung dafür. Denn, wenn wir Menschen wertfrei sein lassen können, bringen wir ihnen volles Vertrauen entgegen, sich selbst im eigenen Tempo zu entwickeln. Die Aufgabe der Führungskräfte besteht dann darin, Raum für Entwicklung zu geben, statt einzuengen oder zu behindern. Die Aufgabe besteht darin,

  • zu fördern, statt zu fordern, 
  • zu akzeptieren, statt zu bevormunden, 
  • nachzufragen und zuzuhören, statt zu sagen und vorzugeben.

Ein Kernelement, das dazu beiträgt, dass Mitarbeiter aus eigenem Antrieb ihren Entwicklungsraum nutzen, ist der Purpose des Unternehmens und der individuellen Teilhabe daran. Purpose lässt sich am ehesten mit Zweckbestimmung, Sinn oder Sinnhaftigkeit übersetzen und gibt eine Antwort auf die Fragen: „Was wollen wir als Unternehmen bewegen?“ „Welchen (gesellschaftlichen) Beitrag wollen wir leisten?“

Purpose als Treiber

Purpose war schon immer Schlüsselelement der intrinsischen Motivation. Doch spielte er in den letzten 70 Jahren eine untergeordnete Rolle. Die meisten Menschen arbeiteten um Geld zu verdienen, nicht um sich selbst zu verwirklichen. Diese Haltung hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Der Anspruch, zu gestalten und etwas Sinnvolles zu tun, wächst. Umso ernüchternder ist die von der Unternehmensberatung Kienbaum durchgeführte „Purpose Studie„. Die Mehrheit der Arbeitgeber (60%) kann den Purpose ihres Unternehmens nicht ad hoc benennen. Das zeigt, dass es hier noch mehr Klarheit bedarf. Diese Klarheit zu schaffen, ist auch Aufgabe des Digital Leaders.

Vertrauen als Grundlage

Ein Element, das immer stärker zur Voraussetzung nachhaltig erfolgreicher Unternehmen wird, ist das Vertrauen; konkret eine Vertrauenskultur. Diese Vertrauenskultur löst die Angstkultur in vielen Unternehmen und damit auch in unserer Gesellschaft nach und nach ab: Wir haben Angst vor dem Klimawandel, Angst vor anderen Kulturen, Angst vor der Digitalisierung, Angst vor Komplexität, Angst vor Geschwindigkeit, Angst nicht mehr gebraucht zu werden, Angst Technologien nicht zu verstehen und nicht zu beherrschen… Diese Angst lähmt. Sie macht jegliche Entwicklung, sowohl die persönliche als auch die einer Organisation oder einer Gesellschaft, unmöglich. Angst schwächt Innovationskraft und erschwert eine vertrauensvolle Kooperation auf Augenhöhe.

Deshalb gilt es in der Phase der Digitalen Transformation mehr denn je, Führungskräfte auszuwählen, die ein hohes Selbstvertrauen und ein ausgeprägtes Beziehungsvertrauen haben, also leicht einen Vertrauensvorschuss gewähren können.

Authentizität als innerer Anker

Diese Vertrauensbasis wird gestützt durch Authentizität und Menschlichkeit. Führungskräfte sind Menschen mit Kopf und Herz. Sie müssen sich wahrnehmen und dürfen sich zeigen, wie sie sind.

Führungskräfte zeichnen sich nicht durch Perfektionismus oder Unfehlbarkeit aus, sondern durch Authentizität und den aufrichten Willen, Menschen zu entwickeln und gemeinsam ein Ziel zu erreichen, das Sinn stiftet. Um authentisch zu sein, bedarf es innerer Größe, eines gefestigten Selbstvertrauens und dem Annehmen der eigenen Person.

Warum ist die gefestigte Persönlichkeit so elementar?

Zwei Aspekte, die die Digitale Transformation mit sich bringt, sind Komplexität und Geschwindigkeit. In beidem müssen sich Digital Leaders gemeinsam mit ihrem Teams sicher bewegen können. Das setzt eine hohe Wahrnehmungs- und Visionsfähigkeit voraus, ohne die, der Erfolg und die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens nicht möglich sein werden.

Fazit

Digital Leaders – Menschen im Mittelpunkt

Auch wenn die Bezeichnung „Digital Leader“ nicht darauf schließen lässt, so stehen bei den Führungskräften, die die Digitale Transformation mitgestalten, der Mensch und die eigene Menschlichkeit im Mittelpunkt. Beides wird von einem Führungsverständnis getragen, das auch durch das Vorleben der eigenen kontinuierlichen Entwicklung, dem Umfeld Vorbild und Impuls zugleich ist, sich selbst zu entfalten und Entwicklungsräume zu nutzen.

Die Führungskompetenzen der Digital Leader, sind im Wesentlichen schon immer Kompetenzen guter Führung gewesen. Nur ist jetzt die Zeit gekommen, wo sie auch als solche erkannt sind. Vertrauen schenken, Sinn stiften und vorhandene Potenziale nutzen, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen, das gesellschaftlichen Nutzen hat, fasst zusammen, was die Führungskultur im Digitalen Zeitalter ausmachen sollte. Packen wir’s an!

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