Management Summary
Die volatilen Rahmenbedingungen in den Markten und der Gesellschaft überfordern viele Unternehmen und deren Mitarbeiter. Das belegt der Gallup-Engagement-Index für 2023. Diese Überforderung ist dauerhaft nicht gesund und führt zu einer Schädigung der unternehmerischen Wettbewerbsfähigkeit. Als Geschäftsführer können die Spirale der Überforderung mit fünf zentrale Maßnahmen unterbrechen.
- Definition einer Strategie, die Wachstum nicht als gegeben annimmt,
- Integration der gesellschaftlichen Verantwortung in den Purpose des Unternehmens
- Planung zusätzlicher Ressourcen für Transformationsprozesse
- Ausrichtung der Ziele und Strategie auf die im Unternehmen vorhandenen Ressourcen,
- Aufbau einer Vertrauenskultur in Ihrer Organisation.
Symptome einer überforderten Organisation
Woran erkennen Sie, ob Ihre Organisation überfordert ist? Wir listen nachstehend eindeutige Symptome auf:
- Steigende Krankheitsquote und Fluktuationsrate
- Die Mehrzahl der Mitarbeitenden verbringt mehr als 4 Stunden am Tag in Meetings
- Qualität nimmt ab, Fehlerquote steigt bzw. ist konstant hoch, Reklamationen nehmen zu
- Ziele werden nicht oder nur mit großer Verzögerung erreicht
- Der direkte Austausch, auch team- und bereichsübergreifend, nimmt ab
- E-Mail-Kommunikation hat einen signifikant hohen Anteil
- Die Kultur des „finger pointing“ nimmt zu
- Veränderungen werden nicht mitgetragen oder sogar aktiv unterwandert
- Neue Ideen oder Verbesserungsvorschläge nehmen ab oder sind verschwindend gering
- Es besteht eine Lücke zwischen formaler strategischer Ausrichtung und operativem Doing
Ursachen der Überforderung
Folgende Ursachen stellen wir immer wieder im Rahmen unserer Arbeit fest:
- Unternehmen halten trotz knapper Ressourcen, wie z.B. Lieferengpässen von Rohstoffen, fehlender Fach- und Führungskräfte und wegbrechender Märkte an ihrer Wachstumsstrategie fest.
- Zielerreichung erfordert einen unangemessen hohen Mehreinsatz.
- Mehrbelastung durch neue gesetzliche Anforderungen, wie z.B. Lieferkettensorgfaltsgesetz und Nachhaligkeitsberichterstattung sind sehr bürokratisch und zusätzlich zum Tagesgeschäft zu erledigen
- Fehlende bzw. noch unzureichende Digitalisierung zentraler Prozesse und Abläufe behindert produktives Arbeiten
- Sinkendes Qualifikationsniveau durch fehlende Fachkräfte schwächt die Produktivität
- Aus Angst, den gestiegenen Anforderungen nicht gerecht werden zu können, nimmt die (ehrliche) Kommunikation ab. Informationen und Meinungen werden verschwiegen, Fehler vertuscht, Ideen zurückgehalten.
- Viele Führungskräfte sind mit dem Führen in der Krise überfordert und engen den Gestaltungsspielraum ihrer Teams ein oder sitzen Entscheidungen aus. Dieses fehlende Vertrauen in die eigene Kompetenz zieht ein sinkendes Team- und Organisationsvertrauen nach sich.
- Die innere Distanz zum Unternehmen nimmt zu, da Mitarbeitenden nicht sehen, dass die Geschäftsführung die veränderten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und klimatischen Rahmenbedingungen weder in Form angepasster Ziele anerkennt noch die Unternehmensstrategie darauf ausrichtet. Das Vertrauen in das etablierte Management schwindet. Die Folge sind innere Kündigungen.
- Gering ausgeprägtes visionäres Denken im Top-Management
- Fehlender souveräner Umgang mit der eigenen Überforderung
- Fehlende Sensibilität für den Aufwand von Transformationen
- Eine Budgetallokation, die eher den Status quo zementiert als bahnbrechende Veränderung zu ermöglichen
- Fehlende Akzeptanz der durch Krankheit, Fluktuation und unbesetzte Stellen rückgängigen Ressourcen
Wie können Sie die Überforderung durchbrechen und Ihrer Organisation helfen, zu gesunden?
Die Gründe einer Überforderung geben bereits einen Hinweis auf Ansatzpunkte, die Negativspirale zu durchbrechen. Folgende Handlungsempfehlungen geben wir:
1. Anerkennen, dass Wachstum nicht selbstverständlich ist
Viele Management-Vergütungssysteme sind auf Wachstum ausgerichtet. Dennoch ist es an der Zeit, dass bei Vorständen, Aufsichtsräten, Gesellschaftern / Anteilseignern ein Umdenken einsetzt. Wachstum in der Welt begrenzter Ressourcen ist nicht „Gott gegeben“. Wachstum kann eine Resultante sein, wenn ein Unternehmen es versteht, konkrete Probleme der Kunden oder der Gesellschaft intelligent zu lösen.
Das anzuerkennen und auch im Unternehmen laut auszusprechen, ist der erste Schritt, etwas zu verändern.
Nachhaltige Strategieentwicklung in mittelständischen Unternehmen
2. Purpose des Unternehmens um die gesellschaftliche Komponente erweitern
Für Unternehmen ist es aus meiner Sicht ein absolutes Muss, ihre unternehmerische Verantwortung zwingend um den gesellschaftlichen Beitrag zu erweitern und diesen zentral in ihr Denken und Handeln aufzunehmen. Die Leitfragen dafür sind:
- Welchen gesellschaftlichen Beitrag wollen wir als Unternehmen leisten?
- Welche gesellschaftlichen Probleme wollen wir durch unser Handeln verringern oder lösen?
- Wie müssen wir uns als Unternehmen heute aufstellen, um auch der nächsten Generation eine gesunde Organisation zu überlassen?
3. Ressourcen für Transformationsprozesse einplanen
Alle Unternehmen, die sich in größeren Veränderungs- und Transformationsprozessen befinden, sollten unserer Erfahrung nach 30 – 40 % ihrer Kapazitäten, also auch in der Geschäftsführung, dafür einplanen, um die Veränderung strukturiert und in einem angemessenen Zeitraum zum Erfolg zu führen.
4. Ziele und Strategie auf vorhandene Ressourcen ausrichten
Was können wir mit den vorhandenen Kapazitäten unserer Mitarbeiter realistischerweise bis wann schaffen? Diese Abstimmung muss ein ehrlicher Dialog werden. Und dabei reicht es nicht nur, die vorhandenen FTEs zu betrachten, sondern es muss die Menge der Kompetenzen betrachtet werden. Für die Anzahl der FTEs macht es keinen Unterschied, wenn ein erfahrener Kollege das Unternehmen verlässt und ein Uniabsolvent ihm nachfolgt. Für die im Unternehmen vorhandene Expertise und die Produktivität macht es einen Unterschied.
Das bedeutet auch, dass das Personalcontrolling oder Kompetenzcontrolling neu gedacht werden muss.
5. Eine Vertrauenskultur aufbauen
Die ersten drei Handlungsfelder zahlen aktiv auf die Bildung einer Vertrauenskultur im Unternehmen ein, da die Mitarbeitenden und Führungskräfte erleben, dass sie und die Veränderungen des unternehmerischen Umfeldes ernst genommen werden. Dennoch empfehle ich, aktiv Zeit in die Vertrauensbildung im Managementkreis, zwischen Hierarchiestufen und in den Teams zu investieren.
Teamentwicklung in Führungsteams
Konkrete Maßnahmen, die Vertrauensbildung fördern
Nachstehend finden Sie eine Liste verschiedener Maßnahmen, kleiner und großer, die die Vertrauensbildung in Unternehmen fördern. Top-Management und Führungskräfte können durch das Vorleben eine große Wirkung erzielen:
- Sich ehrlich für Mitarbeitende und Kollegen interessieren
- Vertraulichkeit wahren
- Diversität wertschätzen und Kooperation fördern
- Aufrichtig loben
- Aufmerksam zuhören
- Offen und ehrlich kommunizieren
- Regelmäßig ehrliches Feedback geben
- Regelmäßig Feedback erbitten und wertfrei annehmen
- Irritationen und Konflikte aktiv und zeitnah ansprechen
- Eigene Fehler offen zugeben und lessons learned transparent machen
- Konstruktiv mit Fehlern anderer umgehen
- Ideen anderer hören und ernst nehmen
- Ein „nein“ akzeptieren
- Erfolge anerkennen
Unternehmen, die die skizzierten Maßnahmen umsetzen, leiten die Gesundung der Organisation ein. Selbstverständlich gibt es noch weitere Möglichkeiten, die Anfälligkeit für eine Überforderung der Unternehmung zu reduzieren. Dazu zählen:
- Angemessene Umsetzungszeiten für Maßnahmen vereinbaren,
- Mitarbeitende und Führungskräfte gemäß ihrer Stärken einsetzen,
- Eine attraktive Fachkarriere bieten, um zu vermeiden, dass Fachexperten die Führungslaufbahn einschlagen müssen, auch wenn sie dafür nicht geeignet sind,
- Für eine kontinuierliche Weiterbildung Zeit einplanen,
- Mitarbeitende und Führungskräfte aktiv an Veränderungen beteiligen.
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